Climate Action. Du allein entscheidest, wie weit du gehst
- Autor*in
- Linker, Christian
- ISBN
- 978-3-522-20294-7
- Übersetzer*in
- –
- Ori. Sprache
- –
- Illustrator*in
- –
- Seitenanzahl
- 288
- Verlag
- Thienemann
- Gattung
- Buch (gebunden)Erzählung/RomanTaschenbuch
- Ort
- Stuttgart/Wien
- Jahr
- 2024
- Lesealter
- 12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahre
- Einsatzmöglichkeiten
- BüchereiFreizeitlektüreKlassenlektüre
- Preis
- 15,00 €
- Bewertung
Schlagwörter
Teaser
In der Straßenbahn steckt dir ein Mädchen ein Tagebuch zu – das sich als brisante Dokumentation einer sich zunehmend radikalisierenden Klimaaktivist:innengruppe entpuppt. Nach der Lektüre hast du die Wahl, wie du damit umgehen willst.
Beurteilungstext
Pauline ist 16 und nicht gerade politisch. Doch nach einem gemeinsamen Referat über Klimaaktivismus kommt sie mit ihrem Mitschüler Sadiq auf die Idee, vom SUV ihres Lehrers die Luft abzulassen. Als Vic, deren Eltern ein Fast-Fashion-Label besitzen, zu der Gruppe stößt, wird der Aktivismus schnell radikaler: Sie zerstechen Autoreifen, verunglimpfen die Käufer:innen der Billig-T-Shirts von Vics Eltern und sie greifen mit Farbbeuteln die Firmenzentrale des Labels an. Zunehmend hat Pauline den Eindruck, dass der Protest eskaliert und Vic vielleicht noch ganz andere Motive hat, als nur gegen Umweltverschmutzung zu protestieren.
Diese Geschichte erfahren wir gemeinsam mit bzw. „durch die Augen“ der nicht weiter bestimmten Protagonist:in des neues Romans von Christian Linker im Tagebuch von Pauline, das diese dem Ich des Buches in der Straßenbahn zugesteckt hat. In einer Art von außen in der Du-Perspektive adressierten, aber dennoch nullfokalisierten Bewusstseinsstrom erlesen wir die Geschichte. Etwa zur Hälfte des Buches sind wir damit in der Erzählgegenwart angekommen, die auch für Pauline und ihre Gruppe TOO HOT eine Art Scheidepunkt zu sein scheint, wie es mit dem Protest weitergeht. Sind immer radikalere, auch gewaltsame Methoden ein legitimes Mittel, um auf ein so existenzielles Problem wie den Klimawandel aufmerksam zu machen? In der Form eines interaktiven Romans werden am Ende jedes weiteren Kapitels Fragen gestellt, wie sich die Protagonist:in entscheiden würde weiterzumachen. Diesen Entscheidungen kann man auf verschiedenen Erzählsträngen des Buches folgen und damit die Geschichte sich ganz verschieden weiterentwickeln lassen. So entsteht ein weites Spektrum an Möglichkeiten, zwischen der Option, das Tagebuch der Polizei auszuhändigen und der Möglichkeit, dass das Ich selbst zum Teil von TOO HOT wird.
Das interessante Erzählkonzept sorgt in Kombination mit der Erzählperspektive – die Ich-Instanz des Buches ist maximal unterbestimmt, man kann eine Gleichaltrige erahnen, aber es wird kein Name genannt und auch weitere Merkmal wie Geschlecht etc. bleiben ungenannt – für hohes Identifikationspotenzial – wodurch Lesende und Protagonistin eng zusammenrücken und die Entscheidungen der Lesenden plausibel nachvollziehbar unmittelbar auf die Diegese des Romans Einfluss nehmen können. Die interaktiv-auswählbare Handlung verliert sich aber, wie bei solchen Spielbüchern oft, in Details und kann kaum die Spannung aufbauen, die angesichts der brisanten Geschichte durchaus möglich gewesen wäre. Zwischen ständigem Blättern und vergleichen verschiedener Erzählstränge verliert sich der eigentliche Leseflow und Immersion will nicht recht aufkommen. Am kritischsten sehe ich aber, dass eine vertiefende Auseinandersetzung mit der Klimathematik und mit Möglichkeiten und Grenzen aktueller Protestformen nicht wirklich stattfindet. Pauline und Sadiq sind beide keine glaubwürdigen Klimaaktivist:innen, vielmehr nutzen sie das Thema, um der gegenseitige Faszination nachzugehen und Zeit zusammen zu verbringen. Vic selbst führt eher eine Kreuzzug gegen die eigenen Eltern, das Klima ist hier nebensächlich. Auch im Vollzug der Geschichte werden meist nur bekannte Floskeln und Allgemeinplätze wiederholt und kaum reflektiert – eine abwägendes, zweifelndes Suchen nach Antworten in einer existenziellen Krise ist das jedenfalls nicht. So auch die Handlungsverläufe, denen am Ende eher aus Spannungsgründen, nicht aber aus inhaltlichem Interesse gefolgt wird. So bietet das Buch auch keine überraschenden Pointen. Es verliert sich eher in einer guten Idee, die aber nicht überzeugend umgesetzt werden konnte. Daher nur eingeschränkt zu empfehlen!