Carlotta und das Rätsel der Zeit

Autor*in
ISBN
978-3-522-43465-2
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
28
Verlag
Thienemann
Gattung
BilderbuchSachliteratur
Ort
Stuttgart
Jahr
2006
Lesealter
4-5 Jahre10-11 Jahre12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
12,90 €
Bewertung
eingeschränkt empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Das Hardcover - Bilderbuch erzählt die Geschichte eines Mädchens, das sich auf die Suche nach dem Phänomen "Zeit" begibt. Sie versucht zu ergründen, warum manche Menschen "keine Zeit" haben, für andere jedoch "die Zeit still zu stehen" scheint.

Beurteilungstext

Die ungefähr sechs Jahre alte Carlotta möchte mit ihren Eltern spielen. Diese jedoch sind gerade dabei, wichtige Dinge für ihren Beruf zu erledigen. So hört sie, dass der Vater gerade "keine Zeit" habe und der Mutter "die Zeit durch die Finger" rinne. Sie fragt ihren Bruder Tim nach dem Wesen der Zeit, doch er weiß keine Antwort.
Als Carlotta mittags von ihrem Vater zu den Großeltern gefahren wird, liest der Vater seiner Tochter den auf einem Plakat stehenden Spruch "Zeit ist Geld" vor und beide stellen fest, dass es bei ihnen auch viel um das Phänomen Zeit geht. Die Autofahrt bringt noch mehr Erkenntnisse mit sich, beispielsweise, dass Zeit nicht für alle gleich wichtig ist: Manch einer hat es noch eiliger als sie, ein verliebtes Pärchen nimmt die verstreichende Zeit gar nicht wahr.
Bei den Großeltern werden alte Fotos betrachtet, die den Großvater als Baby zeigen und Carlotta wird klar, dass dessen Eltern inzwischen längst gestorben sind. Sie stellt fest, dass die Zeit zaubern könne, wenn sie es vermag Wunden zu heilen und Babys zu Greisen zu machen.
Ihr Buch über Höhlenmenschen zeigt ihr, dass es weit vor ihrer Existenz bereits Menschen gegeben hat, und so feiern sie schließlich alle zusammen ein "Höhlenfest" unter der Wolldecke, bei dem sie an ihre unbekannte Höhlen-Urururururoma denken und an die Zeit, die bis heute verstrichen ist.


Das großformatige Buch stellt auf 12 Doppelseiten das Thema "Zeit" dar. Die farbenfrohen, heiteren Bilder illustrieren den Text, der selten eine Länge von 6 Zeilen übersteigt. Sie enthalten viele schöne Details und laden den Betrachter zum Verweilen ein. Insofern eignet sich das Buch sehr gut zum Vorlesen und Zeigen für eine Altersgruppe von Nicht-Lesern.
Der Inhalt ist an sich auch kindgerecht: Welches Kind wird nicht von Erwachsenen mit dem Spruch "Keine Zeit!" konfrontiert? Und bestimmt fragen sich die Kinder bisweilen innerlich, was die tiefere Bedeutung des Begriffes "Zeit" ist.
Doch das Problem bei diesem Buch ist, dass die Frage nach der Zeit nicht wirklich "entwickelt" wird, dass die Geschichte nicht nach einer Auflösung drängt. Auf jeder Seite wird "ein neues Fass" aufgemacht, das zwar jedes Mal mit "Zeit" zu tun hat, aber in der Weise, wie das Thema angesprochen wird, nicht wirklich für Kinder zu begreifen ist.
Im Prinzip könnte man jede Doppelseite als Diskussionsgrundlage für den Ehthik-Unterricht in der 5. bis 7. Klasse nutzen. Durch diese Art des Aufbaus geht jedoch das Prozesshafte einer Geschichte verloren, was schade ist, denn eigentlich eignet sich das Buch aufgrund der ganzen Aufmachung auch schon für kleine Kinder.
Doch durch die Überfrachtung an inhaltlichem Vermittlungswillen werden Carlotta Fragen in den Mund gelegt, die ein Erwachsener stellen könnte, und so verliert sie für kleine Kinder ihre wichtige Funktion als Identifikationsfigur: Es kommt aus der Welt der Erwachsenen, wenn gesagt wird: "Die Zeit bleibt für Verliebte stehen." oder "Die Zeit heilt alle Wunden." - und kein Kind wird wissen wollen und können, was dieser Ausspruch genau bedeutet. Denn manche Dinge kann man ohne eigene Erfahrung nicht wirklich begreifen.
Es ist ja vielmehr so, dass gerade Kinder die Zeit - zum Glück - nicht wirklich wahrnehmen, sondern vielmehr unreflektiert nutzen. Eine Fähigkeit, die sich ausgebrannte Erwachsene erst wieder mühsam mit Hilfe eines Therapeuten antrainieren müssen.

Ingesamt lässt sich also festhalten, dass die Bilder und die Thematik für sich genommen für Kinder interessant und anregend sind. Durch das Zuviel im inhaltlichen Bereich und das Fehlen einer echten Geschichte wird das Buch für Kinder jedoch schwer verständlich. Eltern, die mit ihrem Kind das Philosophieren einüben wollen, sind damit gut beraten, müssen aber Verständnishilfen geben. Andere freuen sich an den gelungenen Bildern und der schönen Höhlenfeierstunde zum Schluss der Geschichte und verschieben Gespräche dieser Art auf eine Zeit, in der Bilderbücher nur noch bedingt von Interesse des Kindes sein werden.

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Diese Rezension wurde verfasst von GM.
Veröffentlicht am 01.01.2010