Bestimmt wird alles gut

Autor*in
Boie, Kirsten
ISBN
978-3-8337-3586-8
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
Verlag
Gattung
Ort
Hamburg
Jahr
2016
Lesealter
6-7 Jahre8-9 Jahre10-11 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
9,99 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Als ständig neue Flugzeuge über die syrische Stadt Homs fliegen, Häuser zerstört werden und Menschen sterben, beschließt Rahafs Familie nach Deutschland auszuwandern. Nach der anstrengenden Reise gehen die Schwierigkeiten in der neuen Heimat jedoch weiter: Rahaf muss zur Schule, aber kann kein Wort verstehen. Zum Glück trifft sie jedoch bald auf Emma.

Beurteilungstext

Rahaf wohnt mit ihren Eltern, ihrem Bruder Hassan und zwei weiteren jüngeren Geschwistern in der syrischen Stadt Homs. Die Familie hat ein großes Haus, das sie sich mit vielen Onkeln, Tanten, Cousinen, Cousins sowie den Großeltern teilt. Den Geschwistern gefällt es in ihrer kleinen Stadt. Rahaf geht gerne zur Schule und spielt viel mit ihrer Cousine Aisha, die auch ihre beste Freundin ist. Das schöne Leben wird jedoch vom Bürgerkrieg getrübt. Ständig fliegen Flugzeuge über die Stadt, sodass die Menschen Angst haben und sich in fensterlosen Räumen verstecken müssen. Außerdem werden durch den Krieg viele Gebäude zerstört und Menschen sterben oder tauchen einfach nicht mehr auf. Trotz allem gehen Rahaf, Hassan und ihre Verwandten weiter zur Schule und auf die Arbeit...weil es ja nichts nützt, wenn man Zuhause bleibt. Eines Tages verkündet Rahafs Vater, dass die Familie nach Deutschland auswandern wird, weil es dort keinen Krieg gibt und er sich ein friedliches Leben wünscht. Als die Kinder erfahren, dass ihre Verwandten jedoch nicht mit auswandern, wollen sie Homs nicht verlassen. Trotzdem müssen sie jeder eine Tasche packen. Nach dem Flug nach Ägypten müssen Rahaf, Hassan und ihre Familie auf ein kleines, altes Boot steigen. Ihre Taschen dürfen sie nicht mitnehmen, damit auf dem Boot Platz für noch mehr Menschen ist. Am Ende quetschen die Schlepper 300 Flüchtlinge auf dem Boot zusammen. Schon bald wird auch Rahaf klar, dass die Schlepper keine guten Menschen sind: Sie haben so viele Leute auf das Boot gebracht, um mehr Geld mit der Fahrt zu verdienen. Außerdem haben sie alles Gepäck der Flüchtlinge behalten, um mit dem Verkauf der Sachen noch mehr zu Gewinn zu machen. Acht Tage muss die Familie auf dem Boot der Schlepper ausharren. Es gibt viel zu wenig Wasser, kaum Nahrungsmittel und es ist furchtbar eng. Rahaf wird aufgrund der Enge sogar verletzt: Ein Mann tritt ihr in der Nacht auf die Hand, sodass diese ganz dick anschwillt. Schließlich erreicht das Boot die Küste von Italien und die Schlepper bringen die Flüchtlinge an eine Stelle, die nicht von der Polizei oder dem Zoll bewacht wird. Genau wie Rahaf und ihre Familie haben auch die anderen Flüchtlinge keine Pässe und kein Geld mehr, da sie ihr Gepäck den Schleppern überlassen mussten. Zum Glück hat Rahafs Vater ein bisschen Geld in seiner Hosentasche versteckt, sodass er der Familie etwas zu Essen kaufen kann. Mit der Bahn geht es weiter durch Italien und Frankreich in Richtung Deutschland. Irgendwann reicht das Geld des Vaters nicht mehr für die Fahrkarten, aber ein netter Schaffner lässt die Familie trotzdem weiterfahren, als er erfährt, dass sie Flüchtlinge aus Syrien sind. Schließlich erreicht Rahafs Familie ein Erstaufnahmelager. Das Mädchen ist glücklich, weil es dort eine Dusche, viel zu Essen und andere syrische Kinder gibt. Ihrem Bruder Hassan gefällt es dort auch, weil er viele Freunde findet und sich mit den anderen Kindern verständigen kann. In dem Erstaufnahmelager lebt sogar eine weitere Familie aus Homs, deren Tochter Rahaf noch aus der Schule kennt. Kein Wunder also, dass die Geschwister überhaupt nicht begeistert sind als sie wieder umziehen sollen. Mit einem Bus gelangt die Familie in ein kleines Dorf, wo sie sich mit sechs Leuten ein einziges Zimmer in einem Haus teilen müssen. Hassan will unbedingt zurück nach Hause, weil das Zimmer eng ist und es in hier keine syrischen Kindern gibt. Doch insgeheim wissen auch Rahaf und Hassan, dass jammern nicht hilft, weil sie nicht nach Syrien zurückgehen können. Irgendwann müssen Rahaf und Hassan auch wieder zur Schule. Die Geschwister wissen nicht, ob sie sich freuen oder doch lieber Angst haben sollen. Rahaf kommt in eine neue Klasse und findet sowohl die Lehrerin, als auch die anderen Kinder eigentlich nett. Allerdings ist sie sehr traurig, weil sie sich nicht verständigen kann. Deshalb verlieren die anderen Kinder auch schnell das Interesse an dem neuen Mädchen. Am zweiten Tag ändert sich jedoch alles: Rahaf wird von Emma unter ihre Fittiche genommen. Die beiden Mädchen werden beste Freundinnen und Emma bringt Rahaf immer neue deutsche Wörter bei, sodass sie die Sprache lernen kann. So vergehen zwei ganze Jahre. In dieser Zeit hat Rahaf sehr gut Deutsch gelernt und kann in der Schule alles verstehen. Emma ist immer noch ihre beste Freundin. Traurig ist das Mädchen nur darüber, dass ihr Vater, der in Syrien Arzt war, in Deutschland nicht arbeiten darf. Deshalb sitzt er oft deprimiert vor dem Haus. Allerdings ist Rahaf der festen Überzeugung, dass am Ende alles gut und ihr Vater auch wieder eine Anstellung als Arzt finden wird.
„Bestimmt wird alles gut“ ist eine einfühlsame Geschichte der Autorin Kirsten Boie, die einen Versuch unternimmt das Thema „Flüchtlinge“ auch Kindern nahe zu bringen. Um die schwierige Lage der Flüchtlinge für Kinder aufzuarbeiten, verwendet die Autorin das konkrete Beispiel des syrischen Flüchtlingsmädchens Rahaf sowie ihrer Familie. Die Geschichte behandelt zunächst das Leben der Familie im Krisengebiet, wo die Kinder immer Angst haben müssen, weil in den Straßen mit Panzern und in der Luft mit Flugzeugen gekämpft wird. Im Anschluss schildert Kirsten Boie die anstrengend Flucht unter zum Teil menschenunwürdigen Bedingungen und die skrupellosen Methoden der Schlepper. Außerdem verarbeitet sie auch die verschiedenen Reaktionen, denen sich die Familie in Europa ausgesetzt sieht: Eine Frau beschimpft Rahafs total erschöpfte Mutter, weil eines der kleinen Geschwister weint, während der Schaffner nett und verständnisvoll reagiert. Zum Schluss präsentiert die Autorin die Situation in den Erstaufnahmelagern sowie den folgenden Flüchtlingsheimen, wo die Familie kaum Platz zum Leben hat und der Vater nicht arbeiten darf. Sämtliche Stationen der Familie sind für Kinder gut nachvollziehbar, da Kirsten Boie Rahaf als Ich-Erzählerin auftreten lässt, die die Situation mit den Augen eines Kindes schildert, das zwischen Heimweh und Akzeptanz des Unvermeidlichen schwankt. Die jungen Zuhörer erkennen, dass die syrische Familie in ihrer Heimat eigentlich ein gutes Leben hatte und in Deutschland nur arm ist, weil sie alles zurücklassen musste oder sogar von Schleppern beraubt wurde, die die Zwangslage von Menschen in Not ausnutzen. Besonders gut nachvollziehbar wird auch Rahafs Situation in der Schule: Das Mädchen würde gerne mitspielen, aber kann sich nicht verständigen. Dadurch lassen die anderen Kinder sie recht schnell links liegen. Nur Emma versteht, was in dem syrischen Mädchen vorgeht. Anhand dieses Abschnitts der Geschichte können Kinder erkennen, wie schwer die Situation für Flüchtlingskinder ist und wie sie ihnen die Eingewöhnung eventuell leichter machen können. Die Kinder werden dazu ermuntert, ihre Hemmungen genauso abzuwerfen, wie Emma, die ganz unbefangen auf Rahaf zugeht und sie an die Hand nimmt. Kirsten Boie gelingt mit der Geschichte „Bestimmt wird alles gut“ somit eine einfühlsame und kindgerechte Verarbeitung des hochbrisanten Themas, die vielen jungen Zuhörern völlig neue Einblicke in den schweren Alltag von vielleicht gleichaltrigen Flüchtlingskindern gewährt.
Auf die Geschichte folgt zusätzlich noch ein Interview mit der Autorin selbst. Dort schildert Kirsten Boie, dass ihre Geschichte, die sie schon mehrfach vor Kindern vorgelesen hat, durchaus deren Interesse weckt. Obwohl die Geschichte recht lang ist, sei ihr Publikum immer sehr konzentriert gewesen. Außerdem sei stets die Frage aufgekommen, wie den Flüchtlingskindern denn geholfen werden könne. Diese Reaktionen zeigen deutlich, dass Kirsten Boie im Recht ist, wenn sie erklärt „In den nächsten Jahren wird fast jedes deutsche Kind auch Flüchtlingskinder kennenlernen: In der Kita, in der Schule, im Sportverein. Dann sollte es zumindest ansatzweise wissen, was alles hinter diesen Kindern liegt. [...]“. Selbst jüngere Kinder sollten mit dem Thema in Kontakt geraten, da sie genauso von der neuen Situation in Deutschland betroffen sind, wie die Erwachsenen. Integriert in das Interview mit der Autorin sind auch kurze Befragungen von Flüchtlingskindern, die mit einer Reporterin des NDR gesprochen haben. Diese schildern ähnliche Erlebnisse wie Rahaf und Hassan. Viele berichten von gestorbenen Verwandten und völlig zerstörten Städten, die keine anderen Option als die Flucht ließen. Interessant ist auch zu beobachten, dass die interviewten Kinder schon nach wenigen Monaten in ihrer neuen Heimat gut Deutsch sprechen können, was vermutlich auch der Verdienst von bemühten Lehrern ist. Anschaulich berichtet Kirsten Boie, dass dieses Engagement der Lehrer als sehr bemerkenswert eingestuft werden muss, da diese häufig auch überfordert seien. Viele der Flüchtlingskinder hätten schlimme Erlebnisse hinter sich, die nun in ihrem Verhalten widergespiegelt würden. Das Interview mit der Autorin eignet sich zwar nicht für die jungen Zuhörer, aber kann Eltern einen guten Einblick in die Situation der Flüchtlinge und insbesondere der Flüchtlingskinder vermitteln. Außerdem zeigt Kirsten Boie mit ihren Erfahrungen auf, dass Kinder sehr wohl an dem Thema interessiert sind, auch, wenn der Schwerpunkt ihres Interesses von dem der Erwachsenen abweicht. Alles in Allem ist das Hörbuch „Bestimmt wird alles gut“ ein guter Schritt, um Kindern die Situation der Flüchtlinge nahe zu bringen und sie zur freundlichen Aufnahme zu animieren.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von ThL-UniBi.
Veröffentlicht am 01.04.2016

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