Berg. Ein Tag mit Papa
- Autor*in
- Oswald, Pete
- ISBN
- 978-3-96826-011-2
- Übersetzer*in
- –
- Ori. Sprache
- –
- Illustrator*in
- Oswald, Pete
- Seitenanzahl
- 48
- Ort
- Hamburg
- Jahr
- 2021
- Preis
- 14,00 €
- Bewertung
Teaser
Eine Bergwanderung? Das kann ein bildungsträchtiges Erlebnis werden!
Beurteilungstext
In vielen bildungsbewussten Familien wird dieses Bilderbuch auf fruchtbaren Boden fallen, denn Kinder aus solchen Familien werden ähnliche Ausflüge kennen.
Die Handlung setzt am Abend ein; ein Ausflug wird vorbereitet: Landkarte, Bestimmungsbuch, Buch über das Klettern liegen bereit, ebenso Taschenlampe, Fotoapparat, Wanderstiefel, Kompass und weitere Ausrüstung. Der Ausflug ist also gut vorbereitet, durch Material, Lektüren und anscheinend auch Gesprächen. Es folgt das (fröhlich-muntere) Aufstehen-Fertigmachen, die Fahrt mit Papa im Geländewagen zum Wanderparkplatz im Gebirge und dann zu Fuß durch die Natur. Begegnungen mit vielfältigen Tieren, Beobachtungen mit Lupe und Fotoapparat, Abzeichnen von Bärenspuren in ein dafür mitgenommenes Heft zeigen einen bildungsbewussten Zugang zur Natur. Lebendiger erleben wir Vater und Sohn an der Schneegrenze bei einer Schneeballschlacht oder bei der durchaus gefahrvollen Überquerung eines Flusses auf einem Baumstamm. Es folgt ein kletternder Aufstieg (natürlich mit Helm!)zum Gipfel, auf dem dann ein kleiner mitgebrachter Baum gepflanzt wird. Nun kommen Abstieg und die Fahrt nach Hause – und natürlich eine Verarbeitung des Ausflugs, indem Bilder gemalt werden und im Fotoalbum nach ähnlichen Familienbildern in anderen Generationen geschaut wird.
Das Besondere an diesem Bilderbuch ist, dass es mit wenigen Ausnahmen in der Bildebene ganz ohne Worte erzählt. Dabei werden vielfältige Perspektiven und Rhythmen gewählt. Es gibt flächige Doppelseiten aber auch kleinschrittige Erzählsequenzen mit bis zu sieben (freigestellten) Bildern. Die verschiedenen Formen ermöglichen es, situationsangebunden die Formate zu wählen, beispielsweise kleinschrittiges Erzählen beim Anziehen und Fertig machen am Morgen. Und Doppelseiten, um die herrlichen Weiten der Bergwelt einzufangen. Immer wieder gibt es in den Bildern etwas zu entdecken, das sich dem ersten Blick entzieht. Stimmungen werden über Gestik und Mimik, aber auch implizit wirkende Farbkonzepte zum Ausdruck gebracht. Bemerkenswert ist zudem das Titelblatt: Vater und Sohn besteigen einen Berg – und dieser Berg besteht aus den sich auftürmenden Buchstaben des Wortes: B E R G, die in sich wiederum Bildausschnitte mit den Wandernden zeigen.
An dieser Stelle möchte ich bildungsbürgerliche Ausflugsrituale nicht in Frage stellen (ich zähle mich selbst dazu und fand mich und meine Familie durchaus in dem Bilderbuch wieder). Aber der inhaltlich gut vor- und nachbereitete Ausflug, bei dem nebenbei auch noch eine Guttat (Baum pflanzen) vollbracht wird und alle viel lernen und entdecken, ist ein Ideal, das ein Großteil der Kinder nicht erlebt und auch nicht als erstrebenswert ansieht. Insofern ist dieses Bilderbuch eine Art In-Group-Produkt: Familien, die diese Form von Ausflügen gern machen, werden es nutzen, um Kinder auf solche Art von Ausflügen vorzubereiten. Alle anderen werden es weglegen. Und das ist schade, denn gerade diese Menschen gälte es ja für Ausflüge in die Natur zu begeistern.
Etwas unglaubwürdig ist auch: Nicht einen Moment lang scheint der Junge keine Lust zur Wanderung zu haben oder die Natur langweilig zu finden. Keine Quengelei, nur erfüllte Müdigkeit am Ende, das ist doch allzu sehr idealisiert.
Trotz der Kritik liegt hier ein insgesamt empfehlenswertes Bilderbuch vor, das in seiner Bildnarration wirklich wunderbar gelungen ist.