Armut. Schüler fragen nach

Autor*in
Bauer, Jutta
ISBN
978-3-551-25116-9
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Haines, Katharina J.
Seitenanzahl
158
Verlag
Carlsen
Gattung
SachliteraturTaschenbuch
Ort
Hamburg
Jahr
2017
Lesealter
8-9 Jahre10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
14,99 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

"Es fühlt sich so an: Morgens aufstehen, in den Kühlschrank gucken und merken, es ist nichts drin. Wissen, dass man was machen muss, um den Magen voll zu kriegen. Da hat jeder seine Art, das zu machen: Einer geht schnorren, einer macht'n Bruch oder hofft, es kommt einem was zugeflogen." Niko - geht zu KIDS.

Beurteilungstext

"Wie fühlt sich Armut an?", fragten Zühre, Dzenan und Christian. Eine Antwort haben Sie im Teaser gelesen. In Jutta Bauers Buch gibt es noch weitere Antworten. Und es gibt Fragen, Fragen, Fragen: Warum gibt es Arme und Reiche? Warum geben die Reichen den Armen kein Geld ab? Woher bekommen Sie Essen? Wo essen Sie? Sind Sie mit Ihrem Leben zufrieden? Was machen die Politiker gegen Armut?

Jutta Bauer hat diese Fragen bei Schüler*innen aus zwei Schulen in Hamburg gesammelt und sie weitergeleitet. An Expert*innen aus Politik, Religion, Wissenschaft und Sozialarbeit, aber auch an Betroffene (vor allem arme, aber auch von Reichtum Betroffene). Bauer montiert die Fragen und Antworten hintereinander, mal gibt es eine Antwort zu einer Frage, mal mehrere. Einige Antwortende sind bekannt: Cem Özdemir, Kirsten Boie oder Dirk Nowitzki. Andere sind ausgewiesene Expert*innen auf ihrem Gebiet, etwa der Politikwissenschaftler Christoph Butterwegge oder die Islamwissenschaftlerin Katajun Amirpur.

Durch die Vielfalt der Antworten wird die Komplexität von "Armut" deutlich. Es gibt keine einheitlichen Antworten, was Armut ist. Es ist erstaunlich, dass bei den abstrakteren Fragen ("Was ist Armut?" "Warum gibt es Armut auf der Welt") vor allem arme Menschen in ganz fernen Ländern in den Blick rücken. Erst wenn die Fragen konkreter werden ("Warum gibt es so viele leere Wohnungen und Leute, die auf der Straße leben?") rückt die Armut in unsere Mitte.

Ein erster Zugang ist das Blättern und das Suchen im Kaleidoskop der Fragen und Antworten. Man liest sich hier hinein oder da, sucht nach Fragen (und Erwachsene suchen auch nach Namen). Erst bei einem systematischen Lesen des Buches von Seite eins bis zum Ende wurde mir bewusst, dass ein systematischer Aufbau durch das Buch führt, der einerseits einer sachlichen Logik folgt: Erst Definitorisches, dann wird der Blick auf Ungerechtigkeit gerichtet, danach auf Reichtum und schließlich auf die Innenperspektive von Armut. Daneben gibt es noch einen subtileren Aufbau: Wir werden als Lesende immer weiter involviert, der Außenblick auf Armut, der am Anfang noch möglich ist, wird immer schwieriger, wir können nicht anders, sondern nehmen Partei für die Armen, können Ungerechtigkeit nicht abtun und wir werden vorgeführt, wie wenig wir über das Innenleben von Menschen in Armut hier bei uns vor der Tür wissen. Wir werden Partei - oder wir lassen es, dieses Buch zu lesen.

Die aufklappbaren Innencover offenbaren zusätzliche Informationen: vorne finden wir Statistiken, hinten ein Glossar mit Fachbegriffen. Ausgestattet ist dieses Buch mit großartigen wilden Illustrationen von Katharina J. Haines. Auf vielfältigen Hintergründen sind Formen gedruckt, Gegenstände collagiert und grobe Zeichnungen aufgesetzt. Sie kommentieren das Dargestellte sehr eigenständig, geben durch Farbakzente Stimmungen wieder, karikieren mal Inhalte der Texte oder lassen uns nach Sinn und Zusammenhängen suchen, ohne dass wir sicher sein können, dass diese immer von der Illustratorin intendiert sind - eine herrliche Freiheit!

So liegt hier ein reiches Buch über Armut vor, das Kinder und Jugendliche zum Nachdenken anregen und zum Helfen aufrufen kann. Blätternd, als Freizeitlektüre, als Teil eines Armutsprojekts in der Schule oder als Anregung, sich selbst auf die Suche nach Fragen und Antworten zu einem komplexen Thema zu machen.

Christoph Jantzen, AJuM Hamburg

((P.S.: Eine der beiden Schulen, an denen die Fragen gesammelt wurden, ist die Heinrich-Wolgast-Schule in Hamburg St. Georg. Eine sehr passende Wahl, denn der Namensgeber der Schule hat sich vor gut 100 Jahren sehr um die (literarische) Bildung von Arbeiterkindern gekümmert. Vor genau 125 Jahren gründete er die Jugendschriftenwarte - eine Beilage in Lehrer*innenzeitschriften, in der über "gute Bücher" diskutiert wurde und in der gute Kinder- und Jugendbücher empfohlen wurde. Das ist eine der Wurzeln der AJuM - und letztlich ist die Jugendschriftenwarte auch Vorgängerin der Datenbank, in der diese Rezension steht.))

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von Christoph Jantzen; Landesstelle: Hamburg.
Veröffentlicht am 21.03.2018

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