Andorra

Autor*in
FRISCH, Max
ISBN
978-3-944063-11-9
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
Verlag
Amor
Gattung
Ort
Leipzig
Jahr
2014
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
15,99 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Die Bewohner Andorras bereiten sich auf das Fest des Heiligen Georg vor. Ein Erzähler beschreibt das Bühnenbild, in dem sich nach und nach die einzelnen Rollen entfalten. Das junge Paar Andri und Barblin möchte heiraten, aber ihr Vater, der Lehrer Can, verbietet die Hochzeit seiner Tochter mit seinem jüdischen Pflegesohn. Währenddessen heizt sich die Stimmung immer mehr auf, die weiße Bevölkerung Andorras hat Angst vor dem schwarzen Nachbarstaat und die eigene Toleranz steht auf dem Prüfstand.

Beurteilungstext

In dem fiktiven Kleinstaat Andorra, der nichts mit dem realen Andorra zu tun hat, geben sich die Einwohner liberal und tolerant. Doch mit der erwachenden Sexualität von Barblin, der Lehrerstochter, und seinem Pflegesohn Andri beginnen die Probleme. War Can noch dafür geachtet worden, das Judenkind aufgenommen zu haben, so will ihn der Tischler jetzt nur noch gegen eine Geldzahlung als Lehrjungen annehmen, um ihn in Folge zu schikanieren. Parallel dazu wird Barblin vom Soldaten Peider belästigt. Die Gefahr für Andorra wird real, eine schwarze Senora wird durch einen Steinwurf getötet und der schwarze Nachbarstaat marschiert ein. Nun braucht man einen Sündenbock. Das junge unschuldige Paar, das an eine gemeinsame Zukunft glaubte, muss erfahren, wie sehr es getäuscht und manipuliert wurde.
Vieles an dem Stück in 12 Bildern bedient Vorurteile, aber indem den Zuschauern Figuren vorgeführt werden, die klischeeähnlich sind, können sie ihre eigene Haltung überprüfen und Stellung beziehen. Es ist eine modellhafte massenpsychologische Studie, die auch die Frage nach der Abhängigkeit des Einzelnen von dem Bild aufwirft, das sich seine Umgebung von ihm macht.
Das Drama, dessen Uraufführung im November 1961 in Zürich stattfand, habe ich wenige Jahre später im Bochumer Schauspielhaus erlebt. Beim Hören der beiden CDs mit einer Gesamtlaufzeit von 114 min hatte ich die karge Bühne wieder vor Augen. Was ich vergessen hatte, war die Wiederholung bestimmter Sätze, die sich so besser einprägten. Besonders einprägsam ist auch der Auftritt einzelner Personen im Zeugenstand - wie der Tischler, der Soldat und der Doktor, die die einzelnen Szenen kommentieren und sich für ihre Haltung nachträglich verteidigen. In der ersten Zeit nach der Uraufführung wurde das Stück vor allem in Deutschland viel gespielt und intensiv diskutiert. Doch es hat an Aktualität nichts verloren. Die verschiedenen Sprecherstimmen, die ihre Rollen glaubhaft wiedergeben, lassen das Geschehen vor dem inneren Auge ablaufen und den Zuhörer sehr nachdenklich zurück.

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Diese Rezension wurde verfasst von OAL.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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