Ameisen in Adas Bauch. Ein Kinderbuch über leise und laute Gefühle

Schlagwörter

• Angst
• Familie
• Kindheit
• Mut

Teaser

Endlich kann Ada mit ihrer Mama und ihrem Bruder Max ins Freibad. Da gibt es viel zu erleben und Ada ist schon ganz gespannt, wenn nicht ihre Kopf-unter-Wasser-Angst wäre. Das Buch erzählt von Adas kleinen und großen Gefühlen in ihrem Sommer vor dem Schulbeginn.

Beurteilungstext

„Was die anderen sagen
Ada ist süchtig nach Schokokuchen,
von oben bis unten voller Vorsicht,
[…]
Ada eben.

Was Ada sagt
Ada ist manchmal ganz mit dunkelblauen Wolken ausgefüllt, meistens aber hellgelb im Kopf.
[…]
Ada ist normal.
Ada eben.“ (Höfler, S. 4-5)

So überbordend bildhaft führt Stefanie Höfler Ada, die Protagonisten ihres neusten Kinderomans, ein. Ada ist gerade sechs und kommt nach dem Sommer in die Schule. Dabei beschäftigen Ada verschiedene Dinge, z. B. die Ameisen in ihrem Bauch, die sie fühlt, wenn sie an die Schule denkt, oder die Angst, beim Schwimmen mit dem Kopf unter Wasser zu kommen. So lesen wir in kurzen Kapiteln (manchmal nur ein paar Zeilen) und einem stellenweise vershaften, poetischen Stil die kleinen Episoden aus Adas Leben. Dabei wird eben nicht zusammenhängend, sondern ausschnitthaft erzählt, beispielsweise was Sonnenfleck-Nachmittage mit Mama und Bruder Max sind oder warum Mama so weich ist. Immer stehen Adas Gefühle im Mittelpunkt. Mal sind es die großen Gefühle wie Angst oder Liebe, aber auch Freude oder Trost, mal auch die existenziellen Fragen des Lebens wie „Was ist Seelenwanderung?“, die thematisiert werden. Bestimmte Erzählstränge werden in den Kapiteln immer wieder aufgenommen und weitergeführt, andere nicht. Beispielsweise erlebt Ada, wie die Oma nach einem Unfall im Krankenhaus liegt und später wieder genesen ist. Auch das Schwimmbad wird häufig als Handlungsort aufgegriffen. Dort muss Ada gegen ihre Kopf-unter-Wasser-Angst kämpfen, aber auch gegen ihre Eifersucht, wenn ihre beste Freundin Laila plötzlich lieber mit Linus spielt. Neben den Beschreibungen des Alltäglichen erlangt das Buch immer auch Tiefe, wenn die Ängste von unterschiedlichen Menschen etwa vor dem Krieg, vor dem Tod o.ä. thematisiert werden. Dabei ist das Figurenpersonal so vielfältig und divers, mit verschiedenen Hautfarben und kulturellen Hintergründen.

Erzählerisch werden auch die einzelnen Kapitel variiert und geschickt miteinander komponiert. Neben den dichten Erzählversen gibt es auch reine Dialoge z. B. zwischen Adas Mutter und Großmutter oder Comic-Sequenzen, die sehr passend häufig humorvolle Situationen in Szene setzen. Überhaupt ist das Buch mit den grafischen und farbig kolorierten Illustrationen von Philip Waechter reich bebildert. Zur Gruppierung der Einzelkapitel werden Doppelseiten genutzt, die das Schwimmbad zeigen, das als Handlungsort alle Gefühlsregungen bildlich durch verschiedene Wetterphänomene umsetzt. Von Wolken über Gewitter bis zum Sonnenschein ist alles vertreten. Und so schnell wie sich das Wetter ändert, können sich auch Adas Gefühle verändern.
Die Bilder setzen in ihrer Einfachheit prägnante Momente in Szene, aber es kommt ihnen mitunter auch ein eigener Erzählanteil zu. Durch die Körperhaltung, Gestik oder die Visualisierung von Gefühlen mittels abstrakten Formen und Farben (etwa als ihre Mutter wütend ist und rote und lilafarbene Zickzacklinien aus ihrem Mund kommen) lassen sich Emotionen erkennen, obwohl die Bilder immer eine gewisse Distanz zwischen den Lesenden und den Figuren wahren.

Insgesamt blickt das Buch der Erfolgsautorin Stefanie Höfler, die mit ihren Büchern bereits mehrfach für den Deutschen Jugendliteraturpreis nominiert war, sehr ehrlich auf Kinder und thematisiert alle guten und schlechten Gefühle, die sie im normalen sozialen Miteinander oder vor großen Ereignissen wie dem Schulanfang erfahren. Gleichzeitig macht das Buch Mut, eigene Ängste zu überwinden, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist. Aber das muss Ada und müssen mit ihr die Leser:innen selbst herausfinden. Daher meine unbedingte (Vor-)Leseempfehlung.