Als die Hasen noch fliegen konnten: Gutenachtgeschichten für Mirle

Autor*in
von Bismarck, Melanie
ISBN
978-3-407-74792-1
Übersetzer*in
Scheffler, Axel
Ori. Sprache
Illustrator*in
Scheffler, Axel
Seitenanzahl
134
Verlag
Gattung
ErstlesebuchTaschenbuch
Ort
Weinheim
Jahr
2017
Lesealter
6-7 Jahre8-9 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
12,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Früher war alles - vielleicht nicht besser, aber in jedem Fall anders. Und nicht nur die Hasen konnten fliegen, wie unter anderem aus Vaters Gutenachtgeschichten zu erfahren ist.

Beurteilungstext

Der Vater, dessen Namen der Leser nicht erfährt, ist zwei Wochen mit seiner Tochter Mirle allein zu Haus. Die Mutter, die schönere Bilder malen kann als Leonardo da Vinci, ist verreist. Ihren Apfelkuchen hat sie auf dem Tisch stehen gelassen und gemeinsam mit einer Tasse Tee eröffnet er dem Vater an ihrem stürmischen Abreisetag die perfekte Gelegenheit, um eine Geschichte zu erfinden. Doch nicht nur dieses Szenario bietet eine „perfekte Gelegenheit“ zum Geschichtenerfinden. Eigentlich findet der Vater jeden Abend, häufig nachdem er die aufgeweckte Mirle nach ihrem Tag in der Schule gefragt hat, einen Anlass für eine großartige Gutenachtgeschichte. Hin und wieder trinkt er dazu ein Bier. Rauchen tut er auch immernoch. Aber er geht seit neustem jeden Morgen schwimme. Er erfindet so wundervolle Geschichten für seine Tochter. So erfährt die kleine Mirle, welche gern ihren Kater Bertie krault und liebkost, aus seinen Erzählungen, dass früher – früher scheint schon sehr, sehr lange her zu sein, doch der Vater und auch Tante Elsie haben es erlebt – Hasen fliegen konnten, aber auch Kater und Menschen und Nashörner, welche unglaublichen Wind machen, und überhaupt jeder. Auch konnten früher Menschen ins Wasser gehen; einfach so. Sie haben den Sauerstoff aus dem Wasser gefiltert, um leben zu können. Außerdem gab es eine Zeit, als grün sehr modern war und alle Menschen und überhaupt alles diese Farbe hatte. Es war des Weiteren möglich, durch die Zeit zu reisen oder sich zu verwandeln, in wen man wollte. Doch immer kam ein Punkt, an welchem etwas nicht mehr so gut war, wie es sein sollte. Dann wurden die Weltbestimmer um Entscheidungen gebeten und einiges hat sich somit verändert.
Im Werk von Axel Scheffler, welches im auktorialen Erzählstil verfasst wurde, werden scheinbar zufällig, situativ und dialogisch 14 Gutenachtgeschichten entwickelt. Dennoch folgen alle kurzen Erzählungen dem gleichen Aufbau: aus einer realen Situation oder einem tatsächlichen Erlebnis heraus beginnt der Vater in friedlicher Atmosphäre zu erzählen, wobei er Impulse aus seiner unmittelbaren Umgebung oder seinen Vorlieben nutzt. Alle Geschichten sind Berichte von „früher“, meist nicht genau benannt. Die Handlungsorte befinden sich häufig im unmittelbaren Umfeld von Mirle, welche gemäß kindlicher Natur einen unglaublichen Bewegungsdrang hat und selten still sitzt. Tante Elsie ist im überwiegenden Teil der Geschichten eine entscheidende Protagonistin. Den Wendepunkt der Gutenachtgeschichten bildet zumeist ein Problem, welches Mirle benennt. Der Vater erklärt dann, wie dieses den Weltbestimmern geschildert wird und wie diese darüber befinden. Die Entscheidung der Weltbestimmer ist der Grund, weswegen es heute nicht mehr so ist, wie es früher war. Dies bildet jeweils das Ende der Gutenachtgeschichten. Die einzelnen ca. zehnseitigen Geschichten enden mit dem Zubettgehen Mirles bzw. dem, was sie träumt, was Kater Bertie noch tut oder was sie sich vornimmt.
Die komischen, faszinierenden, grotesken und unglaublichen Erzählungen sind hervorragend in den „ganz normalen“, abendlichen Ablauf der Familie eingebunden. Sehr gut kann der Rezipient nachvollziehen, wie sich die Situation vor dem zu Bett gehen abspielt, wobei eine Assoziation zur eigenen Lebenswelt möglich ist. Die kleinen Illustrationen, welche im grafischen, für Scheffler typischen Stil gezeichnet sind, lockern den Text auf. Sie sind witzig und farbenfroh. Dies kann dem kindlichen Leser die Rezeption erleichtern. Die Länge der Geschichten ist dem Adressatenkreis angemessen. Sie sind verständlich geschrieben, Fremdworte sind nur vereinzelt gebraucht.
Ein wundervolles Buch mit Geschichten, die nicht nur vorm Zubettgehen Lesefreude wecken.

Auf CD werden sieben der vierzehn Geschichten durch Boris Aljinovic ausdrucksstark gelesen.

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Diese Rezension wurde verfasst von tm; Landesstelle: Sachsen-Anhalt.
Veröffentlicht am 09.04.2018