Als der Krieg nach Rondo kam

Autor*in
Romanyschyn, Romana
ISBN
978-3-8369-6203-2
Übersetzer*in
Dathe, Claudia
Ori. Sprache
Ukrainisch
Illustrator*in
Lessiw, Andrij
Seitenanzahl
40
Verlag
Gerstenberg
Gattung
BilderbuchBuch (gebunden)
Ort
Hildesheim
Jahr
2022
Lesealter
6-7 Jahre8-9 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
BüchereiVorlesenKlassenlektüre
Preis
16,00 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Das Leben in Rondo ist schön und die drei Freunde Danko, Sirka und Fabian fühlen sich sehr wohl dort. Doch plötzlich kommt in ihre kleine Stadt der Krieg und er bringt nichts als Zerstörung. Zuerst denken sie, nichts kann ihn aufhalten. Aber dann machen sie eine geniale Entdeckung und zeigen uns, dass wir immer etwas tun können – auch im Angesicht des Todes.

Beurteilungstext

Durch Recherchen habe ich erfahren, dass das Buch schon 2014 geschrieben und veröffentlicht wurde, als Russland die Krim annektiert hat. Für das Künstler-Ehepaar war es damals ein Schock, den sie mit dieser Geschichte verarbeiten wollten. Inzwischen ist der Titel erstmalig auf Deutsch erschienen. Dass das Buch so aktuell sein würde, konnte niemand ahnen. Am 24.Februar 2022 marschierte Russland in die Ukraine ein und der Konflikt dauert immer noch an. Dabei bewundern wir die Tapferkeit und den Mut, die Entschlossenheit der Soldaten und Widerstandskämpfer, mit denen sie sich den Angreifern gegenüberstellen. Ihre Ausdauer und Hartnäckigkeit für die Rückeroberung besetzter Gebiete hat schon Erfolg gezeigt, und den verbliebenen Menschen im Land einen großen Aufschwung, Freude und Zuversicht vermittelt. Weltweit wird das Geschehen nicht teilnahmslos mitverfolgt. Die Ukraine wird von vielen Staaten in ihrem Freiheitskampf unterstützt. Die US-Regierung, aber auch Deutschland, Frankreich, Tschechin, Belgien, Niederlande unterstützen mit Waffen, militärischer Ausrüstung, Munition, Geld und humanitärer Hilfe das besetzte Land. Auch die 27 EU-Länder setzen wegen des Krieges in der Ukraine Sanktionen gegen Russland durch. Wahrscheinlich hat Russland selbst nicht mit solcher Gegenwehr von und Unterstützung für das Land Ukraine gerechnet. Und ich denke, auf Verluste mussten sie sich einstellen, doch nicht auf inzwischen erfolgsführende Rückeroberungen durch die Ukrainer. Gegenwehr erzeugt natürlich immer wieder die Anstachelung zum erneuten Angriff und die Ziel Verfolgung beider Länder ist klar. Es hätte wohl auch Niemand mit dieser langen Zeit des anhaltenden Kampfes gerechnet. Mittlerweile haben wir ja das Gefühl, es geht einfach nur noch um beständige Bedrohung, Einschüchterung, Vernichtung von Infrastruktur und lebenswichtigen Institutionen durch die Russen. Soviel sinnlose Zerstörung, soviel Leid an unschuldigen Menschen… Inzwischen sind 13 Millionen Menschen vertrieben, tausende Menschen gestorben und Städte wie Mario Pool liegen in Schutt und Asche. Und leider ist kein Ende in Sicht. Inzwischen ist der Winter angebrochen und uns dauern die Menschen, die dort in Eiseskälte, ohne Wasser/ Strom etc., unter Bombardierung und beständiger Angst/ Todesangst den tagtäglichen Lebenskampf auf sich nehmen müssen. In heutiger Zeit, mit dem Fortschritt und all den technischen Errungenschaften, dem eigentlichen Luxus und Komfort, den Menschenrechten – und doch herrscht eine Hilflosigkeit/ Ohnmacht seitens des besetzten Landes und auch von uns Außenstehenden. Das ehemalige ukrainische Land mit seiner Bevölkerung und seinem Erscheinungsbild existiert so nicht mehr. Der Krieg hat seine Spuren sichtbar und spürbar hinterlassen und diese Zerstörung dauert leider immer noch an. Wir vermögen es gar nicht zu ermessen, wieviel Langzeitfolgen das noch mit sich bringen wird; sowohl in und mit den Menschen, als auch in der Infrastruktur. Aber ein übergriffiges Verhalten anderer Länder würde einen Weltkrieg heraufbeschwören, und so müssen wir den Wahnsinnskrieg eines Diktators kopfschüttelnd aushalten. Keine Frage, dass das Buch absolut Empfehlens- und lesenswert ist. Die Kernaussage ist eine Hommage an Freundschaft, Zusammenhalt und Hoffnung. Die Geschichte macht Mut und zeigt, dass wir immer etwas tun können – auch im Angesicht des Krieges. Diesen Hoffnungsfunken brauchen die / wir Menschen. Ohne Hoffnung und den Glauben daran, dass alles wieder einmal gut wird, können wir nicht leben, macht jegliche Anstrengung keinen Sinn. In der vorliegenden Geschichte leben die Menschen sicher und sind froh und erfreuen sich an der kristallklaren Luft, den blühenden Blumen. Auch die drei Freunde Danko, Zirka und Fabian möchten nirgendwo anders leben. Doch dann geschieht plötzlich Schreckliches: Der Krieg kommt in ihre Stadt. Er bringt nichts als Zerstörung und niemand kann ihn aufhalten. Dunkel und bedrohlich, groß und überwältigend ist er. Wie in der realen Welt der Ukrainer. Und es werden auch die drei Freunde verletzt. Sie beschließen, dem Krieg in seiner Sprache zu antworten und sammeln Steine und Nägel ein, die die Stadt getroffen haben, und beschießen ihn damit. Aber der Krieg ließ sich nicht stoppen. Der Krieg hatte kein Herz und zerstörte weiter ihre zerbrechliche Welt. Es wurde immer dunkler. Der Krieg kroch unaufhaltsam weiter und ließ seine schwarzen Blumen der Vernichtung wachsen. Aber die Freunde gaben nicht auf. Doch dann machten sie eine Entdeckung. Licht kann die Dunkelheit vertreiben. Der Krieg bekam Angst, weil Danko und die Blumen trotz allem gesungen hatten, weil selbst der kleinste Lichtstrahl die Dunkelheit vertreiben konnte. Und schon bald kamen andere Bewohner den drei Freunden bei ihrer Arbeit zu Hilfe. Alle hatten eine Aufgabe. Jeder tat, was er am besten konnte. Und tatsächlich schafften sie es, dass der Krieg erstarrte, sich die Dunkelheit verflüchtigte und sie siegten. Wo vorher die schwarzen Blumen gestanden hatten, wuchs jetzt roter Mohn. Die Stadt wurde wieder aufgebaut und auch das Gewächshaus, in dem die Pflanzen wuchsen, die singen konnten. Doch nicht alles wurde wieder heil; die Verletzungen der drei Freunde führten zu Dauerschäden, beispielsweise. Auch die Bewohner waren nicht mehr dieselben. Jeder hatte traurige Erinnerungen an die Zeit, als der Krieg nach Rondo kam und die Stadt für immer veränderte. Bis heute wachsen überall in der Stadt rote Mohnblumen. Und dabei erfahren wir auch, dass der rote Mohn das Erinnerungssymbol an die Kriegsgefallenen ist, seit 1914. Die Illustrationen im Buch sind sehr augenauffällig und heben sich in ihrer Art von den gewöhnlichen Darstellungen sehr ab. Die Leser werden gefordert, genauer hinzusehen und sich ihre Interpretation dazu zu erschließen. Bei der Verknüpfung von Bild und Text entsteht ein vielperspektivisches Werk, dem es gelingt, das Sehen philosophisch für Kinder und Erwachsenen in eine neue Perspektive zu rücken und Gesprächsimpulse zu setzen. Es gibt beispielsweise nicht einen dargestellten Menschen, so wie wir uns das vorstellen. Die Wesen sind schemenhaft und einfarbig in ihren Formen. Auf Andeutung von Kleidung oder anderen Accessoires wurde gänzlich verzichtet. Im Camouflage-Muster von Sirka kann man eine Landkarte erkennen. Danko wirkt wie eine Lichtfigur, wie ein Außerirdischer im Kosmonauten Anzug und zwei Antennen auf dem Kopf. Schlagartig ändert sich mit dem Einzug des Krieges auch die Farbwahl. Alles ist dann in schwarz und grau zu sehen, alles hat seine Farbe verloren. Lediglich die drei Freunde sind noch in ihrer Ursprungsweise abgebildet und treten wie kleine Farbkleckse zwischen all dem Dunkel und Gräuel hervor. Und mit dem Lichtstrahl werden allmählich auch wieder farbige Figuren – hoffnungsvolle, helfende Mitbewohner der Stadt – in ihrer Vielseitigkeit in Szene gesetzt. Und dann, gemeinsam gehen die Bewohner der Stadt gegen den Krieg vor, mit ihren Lichtquellen und schaffen es, ihn zu vertreiben. Damit kehren die Farben und das Leben wieder nach Rondo zurück. Und überall sprießen aber die roten Mohnblumen hervor, die zwar einerseits in ihrer roten Knallfarbe für Lebendigkeit und Wärme sorgen, aber andererseits in ihrer Bedeutung und dem blutroten Farbton auch verdeutlichen, wieviele Tote dieser Krieg gefordert hat. Das dürfen und werden wir nie vergessen, und jedes Jahr wird durch ihr erneutes Wachsen jeder Bewohner wieder darauf aufmerksam gemacht werden. Der Krieg in der Ukraine war noch nicht denkbar, als dieses Buch entstand. Es könnte überall auf der Welt sein. Tatsächlich tobt derzeit leider in der Ukraine der Krieg und das ist nicht das einzige Land, wo das Dunkel des Krieges um sich greift. Es bleibt uns nur zu hoffen, dass die Bewohner weiterhin „Lichtgestalten“ bleiben und dem Schrecken baldigst ein Ende setzen können. Absolute Weiterempfehlung.

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Diese Rezension wurde verfasst von WS; Landesstelle: Thüringen.
Veröffentlicht am 26.01.2023

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