alles hat seine zeit

Autor*in
Knausgard, Karl Ove
ISBN
978-3-630-87264-3
Übersetzer*in
Berf, Paul
Ori. Sprache
Norwegisch
Illustrator*in
Seitenanzahl
637
Verlag
Luchterhand
Gattung
Ort
München
Jahr
2007
Lesealter
16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
21,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Nacherzählung von Bibeltexten aus dem alten Testament und zugleich eine sachliche Auseinandersetzung mit den großen Fragen des Lebens.

Beurteilungstext

"alles hat seine zeit" ist ein Buch, das man entweder sehr schnell aus der Hand legt oder in dem man sich fest liest und das einen noch lange nicht verlassen hat, wenn man es zu Ende gelesen hat. Die Lektüre wird eine ganze Zeit dauern, denn mag man es auch gebannt verschlingen, so fordert der Tiefgang der Gedanken und der Anspruch des Autors an seinen interessierten Leser immer wieder ein Innehalten, eine eigene Stellungnahme; mich hat zum Beispiel das Buch noch lange Zeit im ganz normalen Alltag begleitet, indem ich Dinge und Ereignisse mit neuen Augen sah, in einer vielleicht historisch zu nennenden Dimension, deren ich mir vorher keineswegs bewusst war.
In erster Linie könnte man den Roman als einen Bericht über die Zeit der Engel bezeichnen, der sich zugleich mit den fundamentalen Fragen der Menschheit befasst: Wie haben sich das Bild und das Verständnis (nicht nur der Engel) im Lauf der Jahrtausende geändert, bis diese Wesen schließlich nach dem Barock mehr und mehr aus dem Gesichtsfeld der Menschen verschwanden? Große Teile darf der Autor beim Leser als bekannt voraussetzen, die alten Bibelgeschichten etwa von Lot und von Noah, von Kain und von Abel, und durchweg versucht er, sich in diese Menschen in ihrer Zeit hineinzuversetzen, ihr Tun und Denken zu offenbaren und immer wieder mit seinen eigenen ideen- und bibelhistorischen Kenntnissen und Gedanken zu vermischen.
Trotz der stark historischen Sicht gibt Knausgård nie den Bezug zur Gegenwart auf, sucht nach heutigen und neuen Blickwinkeln für die Vergangenheit, versucht im Grunde, die Frage nach Menschen und ihrem Verhältnis zu Gott neu zu stellen und zu beantworten. Kritisch hinterfragt er das religiöse und wissenschaftliche Weltbild der Menschen aus der Zeit nach dem 17. Jahrhundert, spart auch nicht die Konflikte und Kollisionen zwischen Wissenschaft und Religion aus, um immer wieder zu der dem Roman zugrunde liegenden Frage nach der Ursache für den modernen Sinnverlust - durch das Verschwinden der Engel aus unserem Leben bildhaft gemacht - zurückzukehren.

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Diese Rezension wurde verfasst von avn.
Veröffentlicht am 01.01.2010