All Games

Autor*in
Waluszek, Christian
ISBN
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
466
Verlag
Thienemann
Gattung
Ort
Stuttgart
Jahr
2010
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
18,00 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Der spannende Roman behandelt ethische Probleme wissenschaftlicher Forschung. Als Sieger im Informatik - Wettbewerb von “Allgames” erhält Adrian eine Ausbildung zum Junior - Programmierer in diesem Konzerns, der begabte junge Leute gezielt sucht, manipuliert und missbraucht. Er nimmt teil an abenteuerlichen, spektakulären Forschungen in einer virtuellen Welt, die aber Realitätsverlust bedingen. Im letzten Moment gelingt es ihm, aus dem menschenverachtenden Programm auszusteigen.

Beurteilungstext

Der mit science fiction angereicherte Wissenschaftskrimi wirkt authentisch, weil der Realitätsbezug hintergründig immer präsent bleibt. Das in der Gegenwart erzählte kurze erste Kapitel als Vorgriff auf die kommende Handlung baut Spannung auf. Der Leser lernt den Ich - Erzähler des Romans in einer absurden Situation kennen: Infolge eines Experiments erblindet, begibt er sich gedanklich auf die Suche nach seinem verlorenen ICH und seiner vergessenen Vergangenheit; denn der in sein Gehirn eingepflanzte Computer,“ein intelligentes Augenimplantat”, “ein Mini - Video - System”, funktioniert zum Glück nicht mehr: “Bloß keine Filme mehr im Kopf! Keine Zooms! Keine Zeitlupen! Auch keine Speicherabrufe und Superberechnungen mehr!”
Ein für die Wissenschaft geopfertes Seh- und Erinnerungsvermögen, ist das rechtens? Damit ist die Botschaft des Romans, Grenzen und Möglichkeiten des wissenschaftlich - technischen Fortschritts auszuloten, von Anfang an präsent. Der Leser kann sich dem Problem mit kritischer Distanz oder wie Adrian euphorisch nähern: “Es war das absolut Wahnsinnigste, was ich je erlebt hatte... Keine Schulprobleme mehr, Arbeitsverträge mit Superfirmen, Geld ohne Ende, künstliche Augen und schließlich eine Einladung vom reichsten Mann der Welt...”(S.154)
Dieser Kai Marverick erklärt Adrian zu seinem “Sohn im Geiste” und integriert ihn in sein “geniales Think&Gen - Programm”. In einer Art Arche Noah, in der nur die Besten unterkommen würden, will er die Erde verlassen: “ Um im Universum eine neue Gesellschaft zu gründen. Eine bessere. Eine, die alles richtig machte. Eine, die alle Geheimnisse des Universums löste und es am Ende beherrschte. In ihrem ewigen Leben.” (S. 418)
Das aber geht einher mit wissenschaftlichem Missbrauch. Zu Forschungszwecken werden Menschen z. B. geklont oder zu Robotern umfunktioniert.
Wie er auf diese Alternativwelt vorbereitet wird, das erzählt Adrian in episodenreichen “Adventure - Trips” auf unterhaltsame und anschauliche Weise als vergangenes Geschehen. Es bleibt dem Leser überlassen, aus den interessanten Dialogen, einem umfangreichen Figurenensemle von Wissenschaftsspezialisten und aus rasanten Handlungsabläufen Wahrscheinliches und Unwahrscheinliches herauszufiltern. Dabei kann man je nach Interessenlage, Vorkenntnissen und Bildungsstand zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Stellenweise muss man sich auf eine naturwissenschaftlich - technische, mit Fachwörtern, Anglizismen und neuen Wortschöpfungen gespickte Redediktion einlassen: Zur Fortbewegung benutzt Adrian u.a. ein Pedalo - Bike, einen Glider, ein Sky - Vehicle, er bezahlt Spielschulden in Eudo, telefoniert mit einem Visofon...
Dagegen erscheinen seine literarischen-, Geschichts- und Bibelkenntnisse lückenhaft - ausgenommen das Gedicht “Die Beiden” von Hugo von Hoffmannsthal, das aufgrund seiner heimlichen Liebe zu dem Mädchen Sarah fest in seiner Erinnerung verankert ist. Nicht nur für Jugendliche interessant ist sein reales soziales Umfeld. Im Mittelpunkt seiner Erinnerungen steht die von einer Stiftung für verwaiste Kinder gegründete ”International Economic - School”, an der schulisch ein rigides Kontrollsystem und im Internat übertriebene Freizügigkeit herrschen. Die Jugendlichen erfahren, sieht man vom Informatiklehrer “Big Joe” ab, wenig persönliche Zuwendung von den Erwachsenen, bleiben sich selbst überlassen. Unbemerkt z.B. bleibt ihre Computerspielsucht. Keiner hat bemerkt, dass ein Schüler, der wegen seiner Essbegierde von allen abgelehnte “Fettkloß” Thorn, von seinem neuen Adoptivvater sexuell missbraucht worden ist.
Der vom Verlag als Thriller deklarierte Roman ist ein problemorientiertes Jugendbuch, das seine Leser nicht nur unterhält, sondern ihnen ein vielfältiges Reflektionspotenzial anbietet. Man kann hinter den Titel ein Fragezeichen zu setzten - ALL GAMES ???



Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von kra.
Veröffentlicht am 01.01.2010

Weitere Rezensionen zu Büchern von Waluszek, Christian

Waluszek, Christian

Wie Napoleon das schwarze Schaf rettete

Weiterlesen
Waluszek, Christian

All Games

Weiterlesen
Waluszek, Christian

Das Geheimnis des Puppenspielers

Weiterlesen
Waluszek, Christian

Der Klassendieb

Weiterlesen
Waluszek, Christian

Der Klassendieb

Weiterlesen
Waluszek, Christian

Allgames

Weiterlesen