Alice im Wunderland

Autor*in
ISBN
978-3-0369-5503-2
Übersetzer*in
Enzensberger, Christian
Ori. Sprache
Englisch
Illustrator*in
Zwerger, Lisbeth
Seitenanzahl
136
Verlag
kein & aber
Gattung
Fantastik
Ort
Zürich
Jahr
2007
Lesealter
8-9 Jahre10-11 Jahre12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
24,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Einen ungewöhnlichen Namen trug der Autor (Charles Lutwidge Dodgson ), führte ein akademisches Leben, eher verschroben als philosophisch, eigenbrötlerisch wäre treffender, pedantisch auch, vielleicht sogar langweilig. Und solch ein Mensch schreibt ein, nein zwei Bücher, die seit 1864 zum Standard der Kinder- und Jugendliteratur gehören: Alice im Wunderland. Ebenso erstaunlich, wie Lisbeth Zwerger noch wieder Neues findet für ihre Bilder.

Beurteilungstext

Ein zehn-seitiges Nachwort von Christian Enzensberger (dem Bruder von Hans Magnus E.) bezeugt den unerwarteten Erfolg der Geschichte(n). "Sie lagen in den englischen Kinderzimmern ... und auf den Lesetischen des Athenaeum Club wie der Offiziersmesse in Kakutta; sie wurden gelesen von Königin Viktoria wie von Oscar Wilde" schreibt dieser. Und er bietet auch Erklärungen an: Britischer Humor, ja, aber vor allem die diversen Hinweise auf die britische Gesellschaft, in welcher Alice in Wirklichkeit ihre Abenteuer zu bestehen hat: "Die Waffe ist das Wort." Und all ihre Widersacher sind letztlich dem Schlimmsten aller Zustände preisgegeben, der Lächerlichkeit.
Der Interpretationen gibt es unzählige, Enzensberger führt vier Bereiche an, wiewohl er uns - Erwachsene - einen hervorragenden Einstieg gibt in die Welt des "Lewis Caroll" und seiner Alice, die im wirklichen Leben Alice Pleasance Liddell hieß und für die er seine Geschichte(n) schrieb. Dass Dodgson alias Carroll Dozent für Logik und Mathematik in Oxford war, macht den Rezensenten besonders froh, denn die Mathematik, diese nur im Kopf existierende Wissenschaft, darf sich wirklich einiges erlauben, da sie von vielen als "Hilfs-Wissenschaft" gesucht - und sogar gefunden wird.

"..was für einen Zweck haben schließlich Bücher … sagt sich Alice … in denen überhaupt keine Bilder ... vorkommen"?
Lisbeth Zwerger erhält gut zwölf ganze Seiten für Bilder, die zu Beginn noch links, später vermehrt jedoch auf der Blickseite (also rechts) stehen. Das eindrucksvollste steht wohl auf der Mitte des Buchs, auch wenn es so gar nicht spektakulär ist. Ein heller Tisch ragt durch Abschnitte an den Ecken als Sechseck knapp diagonal nach rechts oben. Er hat keine Tiefe, Breite, Höhe, er selbst liefert nur knapp so etwas wie Raum. Auf dem Tisch sind acht Gegenstände, an der linken oberen Seite sitzen drei, am oberen rechten Ende eine Person. Zwei (ein junger Mann = Hutmacher mit Hutschachtel auf dem Kopf und eine erheblich kleinere Haselmaus, um Nicht-Beachtung bemüht) senken - fast demütig - den Blick, die Person oben (Alice) starrt genau wie der Schnapphase links oben ins Leere. Beide jedoch sehr unterschiedlich. Alice scheint fast duldend etwas zu erwarten, der Hase ist, trotz seiner offenen Augen, eher unsicher.
Der Text dazu strotzt vor sinnvoller Sinnlosigkeit - oder sollte man genau anders herum schreiben? - wenn darüber philosophiert wird, ob man meint was man sagt oder sagt, was man meint, ob man isst, was man sieht, oder sieht, was man isst, ob man lebt, solange man schläft oder umgekehrt, oder, wie es der Schnapphase formuliert: "Was mir gehört, gefällt mir. Also: Was mir gefällt, gehört mir."
Da muss man schon gut aufpassen, wenn man bestehen will, liebe Alice, lieber Leser.
Die anderen Bilder von Lisbeth Zwerger, diejenigen, die den Text gliedern oder per Kapitel einleiten, sind weniger hinterhältig. Sie begleiten den Inhalt, illustrieren im besten Sinn oder persiflieren ihn ein wenig.

Welchen Sinn kann das Verlegen und Kaufen einer Geschichte aus der britischen Mitte des 19. Jahrhunderts im 21. Jahrhundert in Deutschland haben. Nostalgie? Vielleicht, ja. Aber im Wesentlichen sind es die Themen, die fast zeitlos daherkommen, die Wortspielereien, Umkehrungen (Carroll war schließlich Mathematiker) und ins Extrem zugespitzten Situationen, die uns wieder und wieder faszinieren: "Ich bin gar nicht ich", versucht sich Alice gegenüber der Raupe zu erklären. Und ergänzt: "Sehen Sie." Sehen wir es?

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Diese Rezension wurde verfasst von uhb.
Veröffentlicht am 01.01.2010