Akhil Kakerlake und Neena Stinkefisch

Autor*in
Schins, Marie-Therese
ISBN
978-3-7725-2493-6
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Schins, Marie-Therese
Seitenanzahl
195
Verlag
Freies Geistesleben
Gattung
Ort
Stuttgart
Jahr
2012
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
14,90 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

In 34 Kapiteln erzählt Marie-Thérèse Schins die Geschichte zweier indischer Kinder, die nicht nur aus ihrem Leben berichten, sondern gemeinsam durch die Hilfe zweier Ärzte versuchen, Armut und einem vorgeplanten Leben zu entfliehen und ihre Träume zu leben.

Beurteilungstext

Inhaltsangabe: Neena, die im Süden Indiens an der Westküste aufwächst, träumt davon, Muscheltaucherin zu werden - genauso wie ihr Vater - oder Ärztin. Ihr Großmutter Ammamma jedoch hält bereits den Schulbesuch für überflüssig und sieht die Zukunft Neenas im Haushalt und bei der Familienführung. Genervt ist Neena von dieser Einstellung und trotzig liest sie weiter ihre Bücher und lernt für die Schule. Ihrer Oma, die nicht lesen kann, erzählt sie ausgedachte Sensationen über die Dorfgemeinschaft und lacht über deren Unwissenheit.
Akhil lebt weit weg von Neena am Arabischen Meer und ist ein bisschen verliebt in Ambeli, wegen der ein Filmteam ins abgelegene Dorf kommen soll. Das Filmteam macht ein Interview mit Ambeli, welche ein Studium in der Stadt aufgenommen hat. Wie kann ihr Vater, ein Kokosnusspflücker, das bezahlen?
Als Neenas Vater einen schweren Unfall erleidet, treffen sich die beiden Kinder im Krankenhaus. Hier arbeitet eine Zahnärztin, welche sich für Kinder und Jugendliche in Indien einsetzt und ihnen ein durch Spenden finanziertes Studium ermöglicht. Als die Ärztin erfährt, dass Akhil Lehrer und Neena Ärztin werden möchte, sucht sie ein Gespräch mit den Eltern, genau wie bei Ambeli. Ambeli spricht Akhil Mut zu, seinen Traum von der Zukunft zu leben. Sie selbst bricht mit ihrem Studium und ihrer Ablehnung vom Leben als Hausfrau und Mutter mit allen traditionellen Vorstellungen ihrer Umgebung. Neena und Akhil sehen der Zukunft nun positiv entgegen und freuen sich über ihre neugewonnenen Bildungschancen.

Rezension: Mit Kinder- und Jugendliteratur über Indien betritt die Autorin einen Bereich, welcher noch nicht allzu oft gegangen worden ist. Ihr Hauptziel mit diesem Buch liegt in der Aufklärung über die Verhältnisse in Indien und die Möglichkeiten bei einer Reform (mittels Spenden) zu helfen. Deutlich werden die Familienverhältnisse der beiden Kinder dargestellt, welche in nicht nur geographisch voneinander getrennten Gebieten aufwachsen. Das Leben auf dem Dorf, die Gefahren der Muscheltaucher, das Gewühl und der Lärm in der Stadt, das abgelegene Dorf der Kokosnusspflücker, die Pflegemissstände im Krankenhaus - mit klaren Bildern und vielen Beispielen werden die Umstände auch für Kinder verständlich dargestellt.
Der Blick wird, fast immer im Wechsel, auf Neena oder Akhil gelegt, bis sich die beiden schließlich durch Zufall in der Stadt und später im Krankenhaus bei Frau Dr. Koshi treffen. Der Perspektivwechsel gelingt nach einer gewissen Zeit leicht und zeichnet die Wege der beiden Protagonisten langsam bis zum Treffen auf. Trotz der unterschiedlichen Lebensumstände verbindet die beiden Kinder einiges. Beide träumen von einer anderen Zukunft und beide werden von anderen Kinder beschimpft: Neena als Stinkefisch und Akhil als Kakerlake. Aus diesen Beschimpfungen heraus entsteht auch der Titel des Buches. Am Ende jedoch zeigen beide Kinder nicht nur, dass sie es geschafft haben, sich trotz dieser Beschimpfungen für ihre Zukunft einzusetzen; sie lachen über die Schimpfwörter und machen ein Lied daraus.
So, wie bei diesem Beispiel, werden auch die Begegnung und die Arbeit der beiden Ärzte, welche sich mit der Spendenaktion für die Ausbildung der Kinder einsetzen, eher plakativ und leichtgläubig dargestellt. Nach dem Treffen der Ärzte mit den Eltern sind nicht nur alle Probleme gelöst und die Kinder sehen sich in einer glücklichen, gesicherten Zukunft, selbst Neenas Großmutter, die immer eher verbittert wirkte, ist plötzlich nach Hüpfen und Springen zumute.
Sicherlich ist hier abzuwägen, ob eine kritischere Darstellung nicht zu einer Überforderung der jungen Leserinnen und Leser führen würde, doch ein bisschen Statement von Seiten der Autorin wäre doch wünschenswert gewesen. Zu dem Verhalten der indischen Männer, über die Zustände im Krankenhaus und die Gefahren der Sprengungen beim Muscheltauchen wird indirekt, aber deutlich Stellung bezogen. Im Gegensatz dazu wirken die Gesamtheit von Zukunftsplanung, der Begegnung der Ärzte, Kinder und Eltern und die Auflösung der Zukunftsangst bei den Kindern doch sehr illusorisch und naiv. Auch einige Überschriften zeichnen dieses Bild: ""Du wirst es schaffen, Achan."" (S. 93)

Mit direkten und ungekünstelten Sätzen schafft die Autorin eine klar gezeichnete Atmosphäre. ""Leider pinkeln hinter Ambelis Haus manchmal besoffene Männer aus dem Dorf und dort stinkt es furchtbar nach Pisse."" (S. 133)
Das knallige Rot aus dem Einband und dem Titel wird in den Überschriften und den Zeichnungen wieder aufgegriffen.
Die Illustrationen, welche auch von der Autorin stammen, finden sich am Anfang eines jeden Kapitels und stellenweise auch am Ende. Sie sind allesamt schwarz und ähneln mit ihrer Eindimensionalität Skizzen oder auch Kinderzeichnungen. Sie stellen die Hauptinhalte oder wichtige Aspekte des jeweiligen Kapitels dar und sind mit einem Rahmen und roten Punkten umrandet.
Am Ende des Buches finden sich neben einem persönlich an die Lesenden gerichteten Nachwort eine Erklärung des indischen Schulsystems, ein Spendenaufruf und ein paar Erklärungen zu Ausdrücken und Sätzen in Malayalam sowie ein paar Sätze, welche selbst in Büchern oder im Internet nachgeschlagen werden sollen.
Insgesamt ein ansprechendes Buch mit einer wichtigen Botschaft, dem aber doch der letzte kritische Blick für eine unverkennbare Tiefe fehlt.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von kst.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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