Afghanistan-Trilogie

Autor*in
Ellis, Deborah
ISBN
978-3-7026-5822-9
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
368
Verlag
Jungbrunnen
Gattung
Ort
Wien
Jahr
2010
Lesealter
12-13 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
16,90 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

In diesem Sammelband schildert die kanadische Autorin gestützt auf eigene Erfahrungen und Gespräche in pakistanischen Flüchtlingslagern sehr lebendig die Situation von afghanischen Mädchen als Folge des jahrzehntelangen Krieges und der Talibanherrschaft.

Beurteilungstext

In einer Zeit, in der in der deutschen Presse fast nur noch über die deutschen Soldaten in Afghanistan und deren evtl. Abzug berichtet wird, erscheint diese Zusammenfassung dreier Bände über das Leben von Kindern und jungen Frauen in Afghanistan als sehr willkommene Informationsquelle für jugendliche LeserInnen, die sich vielleicht fragen, warum deutsche Soldaten “am Hindukusch” ihr Leben riskieren.
Im ersten Teil “Die Sonne im Gesicht” , 2001, steht das Leben der 11jährigen Parvana mit ihrer ehemals wohlhabenden Familie in Kabul im Mittelpunkt, die durch den Einmarsch der Russen und die folgende Herrschaft der Taliban verarmt, gedemütigt und zerstört wird. Nur durch ihre Verkleidung als Junge kann Parvana zum Lebensunterhalt der Familie etwas beitragen. In unglaublicher Eindringlichkeit, auch in einer sehr einfachen Sprache wird hier von einem beispiellosen Terrorregime erzählt. Dummheit und Fanatismus sind die Triebkräfte des Mobs, der sich anmaßt, bis in elementare Lebenssituationen hinein alles zu regeln, alles zu verbieten, was Spaß machen, was zum Nachdenken anregen könnte und was vor allem die Frauen in ungeahnter Weise unterdrückt.
Im 2. Teil, “Allein nach Mazar-e-Sharif”, 2003, einer lockeren Fortsetzung, erzählt die Autorin vom Leidensweg der inzwischen Dreizehnjährigen, die immer noch als Junge verkleidet ist, nach dem Tod des Vaters. Mit ihren Freunden, die sie unterwegs gewinnt, versucht sie trotz der Bombardierungen zu überleben und, wie die Autorin Parvana sagen läßt, Erwachsene zu finden, die sich um die Kinder kümmern. In dem Land, das seit Jahrzehnten vom Krieg zerstört wurde, sind auch die menschlichen Beziehungen zerstört, wie sich z.B. am abwehrenden Verhalten der Dorfbewohner gegenüber den Flüchtlingskindern zeigt. Immerhin gelangen die Kinder in ein Flüchtlingslager und Parvana findet dort Mutter und Schwester wieder. Eine zweite Ebene gibt es im Buch durch die Briefe, die Parvana ihrer Freundin Shauzia schreibt, mit der sie sich nach dem Krieg in Paris verabredet hat.
Im 3. eher unabhängigen Teil “Am Meer wird es kühl sein”, 2004, versucht die 13-jährige Shauzia allein in Peschawar/Pakistan mit Arbeit und Betteln zu überleben, aber landet im Gefängnis. Kurzzeitig wird sie von einer kanadischen Familie aufgenommen, aber wieder ins Flüchtlingscamp gebracht, aus dem sie aufgebrochen war. Am Ende geht sie mit einer Gruppe Frauen zurück nach Afghanistan, um dort in einem Flüchtlingslager zu helfen.
Shauzia ist eine sehr kraftvolle Figur, die sich nicht in die Hoffnungslosigkeit des Lagerlebens fügen kann, wie sie sich in Kabul nicht den Plänen ihrer Familie fügte, gegen Geld an einen alten Mann verheiratet zu werden. Obwohl sie im Witwenlager genug zu tun hat, rebelliert sie dagegen, dass ihr keine Möglichkeit zum Geldverdienen gegeben wird. Sehr anschaulich und selbst für Kinder, die Derartiges nicht kennen, gut nachvollziehbar, werden ihre Versuche geschildert, zunächst durch jede Art von Arbeit, dann auch durch Müllsammeln und Betteln sich und den Hund durchzubringen und noch Geld zu sparen. In diesen Szenen wird die Korruptheit der Polizei, die unerträgliche Situation inhaftierter Kinder beängstigend deutlich wie auch die Gefährdung der Kinder durch skrupellose Erwachsene - Organhandel wird von den Kindern kurz angesprochen, ohne dass sie den Begriff nennen. Durch ihren Hund lernt sie die kanadische Familie kennen, die ihr aus dem Gefängnis hilft und sie zunächst bei sich aufnimmt. Dort findet Shauzia Schlaf, Versorgung, Freundlichkeit, aber keine Ruhe, da sie nicht weiß, wie lange sie bleiben darf. In der Gegenüberstellung von westlichem Lebensstandard zu Shauzias Überlebenswillen, der Anteilnahme der Familie für Shauzia bis zu dem Punkt, als ihr Leben durch Shauzias Handeln beeinträchtigt wird, liegt eine besondere Stärke des Buches, da Kinder gerade an diesen Stellen sich überlegen müssen, wie sie sich in einer vergleichbaren Situation verhalten würden, nachdem sie sich beim Lesen durchaus mit Shauzias abenteuerlichem Leben haben identifizieren können.
Die Texte sind in der Übersetzung durch A.Melach und B.Rapp lebendig und flüssig zu lesen.
Alle Rezensionen der Einzelbände sind in www.ajum.de mit “sehr empfehlenswert” versehen worden.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Diese Rezension wurde verfasst von uwo.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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