Adrian und Lavendel

Autor*in
Wendt , ALbert
ISBN
978-3-7026-5755-0
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Blazejovsky, Maria
Seitenanzahl
120
Verlag
Jungbrunnen
Gattung
Fantastik
Ort
Wien
Jahr
2004
Lesealter
10-11 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
13,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Der Märchenschreiber Adrian findet eines Tages in seinem Garten eine zartgeflügelte, kleine und fast völlig ausgehungerte Dampfwalze. Zusammen erleben sie jeden Tag neue Abenteuer.

Beurteilungstext

Lavendel - die kleine zartgeflügelte Dampfwalze - besitzt einen Schornstein, aus dem Dampf aufsteigt, eine Walze und einen Kessel und ist nicht nur äußerst ungewöhnlich, sondern auch von kratzbürstiger Liebenswürdigkeit, neugierig und unternehmenslustig. Was kann man schon mit einer zartgeflügelten und überaus empfindsamen Dampfwalze anfangen? Adrian, der Märchenerzähler, muss da nicht lange überlegen. Er päppelt sie erst einmal mit Märchen auf, denn "ein frisch geschriebenes Märchen ist das köstlichste, was eine zartgeflügelte Dampfwalze je zum Mittagessen serviert bekommen hat" und nimmt sie mit zu sich nach Hause.
In 15 Kapiteln schildert der Ich-Erzähler Adrian die wachsende Beziehung zwischen sich und Lavendel. Jedem Kapitel geht ein kurzer Satz voran, der einen Einblick über die jeweilige Thematik des Kapitels verschafft, z. B.: "Lavendel will mich auffressen, entscheidet sich dann aber doch für etwas Wohlschmeckenderes." Jede Teilgeschichte entwickelt ein Problem, dass jedoch im Laufe desselben Kapitels gelöst wird. Beispielsweise veranstaltet Lavendel jeden Tag ein großes Gezeter, wenn Adrian duschen geht, weil sie angeblich Angst hat, dass Adrian verrostet. Allerdings stellt sich heraus, dass sie eigentlich nur neidisch ist, weil Adrian duschen gehen kann und sie nicht. Adrian baut ihr aus Wunderkerzen eine eigene "Lavendelfunkendusche" und das Problem ist gelöst.
Die kleine zartgeflügelte Dampfwalze ist sehr abenteuerlustig, was für Adrian gar nicht so einfach ist, denn ihre Bedürfnisse unterscheiden sich stark von denen der Menschen. So reagieren die Menschen in der Stadt entweder verwundert oder gar feindselig wenn sie Lavendel sehen. Adrians Freunde allerdings akzeptieren sie sofort und finden gar nichts Verwunderliches an ihr. Dass eine so enge Freundschaft zwischen Adrian und Lavendel entstehen kann, liegt daran, dass sie ihre Unterschiedlichkeit erkennen und akzeptieren. So hat Lavendel beispielsweise einen ganz anderen Ordnungssinn: Als Adrian eines Tages wütend auf sie ist, weil sie beim Spielen immer so ein Chaos anrichtet, fordert er sie auf, aufzuräumen. Lavendel walzt daraufhin alles platt, was sich im Zimmer befindet, so dass einzelne Gegenstände unzertrenntlich ineinander gepresst sind. Obwohl Adrian diesem Sinn von Ordnung zuerst nichts abgewinnen kann, gelingt es ihm doch nach und nach, diese Aufräumaktion von der lustigen Seite zu betrachten: " ‚Sei nicht traurig, Adrian. Von heute an will ich immer so aufräumen. Denn ich habe gemerkt, dass Ordnung machen gar nicht so schlimm ist. Nur, wenn Ordnung herrscht, sieht alles sehr langweilig aus. Findest du nicht auch?' Nein, das fand ich nicht. Auch, als später meine Freunde das Zimmer betraten, fanden sie Lavendels Ordnung nicht langweilig. Statt sich gesittet an den Tisch zu setzen, pflegten sie von jenem Tage an nur noch auf Bäuchen herumzuliegen, um die Zusammensetzung meines Teppichs zu entziffern. Es wurde dann viel gelacht, und nach und nach konnte auch ich von Herzen mitlachen." Der kindliche Charakter Lavendels ermöglicht dem Leser ein breites Identifikationsspektrum, sicherlich wird dieser den ein oder anderen Charakterzug bei sich wieder finden.
Albert Wendt, der als freischaffender Autor vor allem als Dramatiker und Märchendichter bekannt wurde, erzählt mit viel Witz und Charme die wunderbare Freundschaft zwischen Adrian und Lavendel, die als Hörspiel bereits 1990 erschienen ist und im Jahre 2000 den Kinderhörspielpreis gewann. Die Sprache ist poetisch und sehr bildhaft, wodurch einige Fremdwörter, die Kinder im Alter von 10 Jahren nicht unbedingt kennen müssen, erklärt werden und Kinder nicht die exakte Bedeutung wissen müssen, um den Kontext zu verstehen. Die kleinen schwarz-weiß Illustrationen sind nur schmale Kopfleisten am Kapitelanfang, die nur einen Bildausschnitt zeigen. Die kleine zartgeflügelte Dampfwalze ist beispielsweise nie ganz zu sehen, es ist immer nur ein Detail abgebildet, wie z.B. ihr Schornstein oder ihre Flügel. Damit wird der Leser in seiner Vorstellungskraft in keiner Weise eingeschränkt.
Die kurzen, in sich abgeschlossenen Kapitel eignen sich auch hervorragend zum Vorlesen. Die Bildhaftigkeit der Sprache ermöglicht sowohl dem kindlichen als auch dem erwachsenen Leser ein hohes Maß an Empathiefähigkeit - man hört die kleine zartgeflügelte Dampfwalze regelrecht durch das eigene Zimmer zuckeln.

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Diese Rezension wurde verfasst von Krisp.
Veröffentlicht am 01.01.2010