Abgetaucht - Als U-Boot im Widerstand

Autor*in
Herman-Friede, Eugen
ISBN
978-3-8369-5241-5
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
255
Verlag
Gattung
Biografie
Ort
Hildesheim
Jahr
2009
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Preis
14,90 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Eugen Herman-Friede bietet in seinem Tatsachenroman "Abgetaucht" Einblicke in Momente seiner Kindheit und Jugend, die er als Jude im nationalsozialistischen Deutschland zwischen 1933 und 1945 durchlebte. Der Autor nimmt seine Leser mit auf den Weg von den ersten Repressionen gegen Juden nach der Machtergreifung Hitlers bis zu seinem Untertauchen, den darauf folgenden Aktivitäten im Widerstand gegen das Nazi-Regime und dem Ende des Krieges, das er in der Gefangenschaft e

Beurteilungstext

Eugen wächst als Sohn russischer Juden gemeinsam mit seiner Mutter und seinem nichtjüdischen Stiefvater in Berlin auf. Er ist 6 Jahre alt, als Adolf Hitler 1933 Reichskanzler wird. Schon bald bekommt seine Familie die neuen gesellschaftspolitischen Verhältnisse zu spüren. Weil er mit einer Jüdin verheiratet ist, verliert der Stiefvater seine Arbeit. Mit einem kleinen Familienunternehmen hält sich die Familie über Wasser, doch die gesellschaftlichen Repressionen gegen Juden werden immer stärker. Bald muss Eugen nicht mehr nur Hänseleien seiner Mitschüler über sich ergehen lassen. Er und seine Freunde müssen die Schule wechseln, sie dürfen keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr benutzen und werden schließlich zum Arbeitsdienst verpflichtet. Lange scheint es, als wenn Eugen durch seinen nichtjüdischen Stiefvater vor Schlimmerem geschützt sei, doch auch diese Sicherheit wird immer fadenscheiniger. Zu Beginn des Jahres 1943 wird seinen Eltern die Situation zu brenzlig. Sie helfen Eugen, sich bei systemkritischen Freunden zu verstecken. Doch es ist gefährlich einen Juden bei sich aufzunehmen und so muss Eugen immer wieder das Versteck wechseln. In Luckenwalde trifft er schließlich mit Juden und Nichtjuden zusammen, die einen Widerstand gegen die herrschenden Nationalsozialisten organisieren wollen. Die "Gemeinschaft für Frieden und Aufbau", wie sich die Gruppe nennt, beginnt Flugblätter und Kettenbriefe zu verteilen. Doch langfristig können die Mitglieder ihre Aktivitäten nicht geheim halten. So wird auch Eugen schließlich gefangen genommen. Die letzten Wochen und Monate des Krieges erlebt er in Gefängnissen, denen er am Ende schließlich glücklich entkommen kann.
Eugen Herman-Friede erzählt in seinem Buch die beeindruckende Geschichte seiner Kindheit und Jugend. Er bietet damit Einblicke in ein Einzelschicksal, das er sicherlich in vielen Aspekten mit tausenden anderer teilt, das seinen Lesern aber einen Blick hinter die stark vereinfachten allgemeinen geschichtlichen Fakten dieser Zeit bietet. Hier zeigt sich keine schwarz-weiß Gesellschaft des nationalsozialistischen Deutschlands, die unkritisch bis zum letzten Tag Hitler als Führer zujubelt. Vielmehr trifft man hier auf Menschen, die verängstigt und schwach immer wieder aufs Neue die Grenzen der eigenen Möglichkeiten erleben, die im Kleinen versuchen, das Leben zu leben und anderen Räume zu lassen. Verschämte Solidarität macht Mut im Alltag und der junge Jude Eugen merkt, dass hinter den Fassaden von Nazi-Deutschland die Menschlichkeit nur eingeschüchtert weiterlebt. So spielt neben den schrecklichen Entwicklungen immer auch Dankbarkeit eine große Rolle, wenn Eugen Herman-Friede sich an diese Jahre der Angst, des Mutes und des bedingungslosen Kampfes ums Überleben erinnert. Das erzählte Schicksal wird dabei nicht romantisch verzerrt oder dramaturgisch inszeniert. Es wird konsequent biografisch berichtet.
In dem Buch verweben sich die unterschiedlichsten Aspekte einer Kindheit und Jugend unter extremen Bedingungen. Neben den ideologischen Entwicklungen kommen auch gesellschaftspolitische, ontogenetische, private und kulturspezifische Momente eines Lebens zur Sprache, die erst im Zusammenspiel das eigenartige Schicksal dieses Jungen zustande kommen lassen.
Genau in dieser starken Betonung der biografischen Dimension liegt letztendlich aber auch die Schwäche des Buches. Der Versuch, die Geschichte möglichst vielfältig aus der individuellen Sicht eines sich entwickelnden Jungen zu erzählen, führt zu Brüchen und Sprüngen im Text. Die Geschichte erscheint immer wieder als Aneinanderreihung von kurzen Episoden, die vielfach aus dem Leben gegriffen sind, jedoch häufig nicht mit dem roten Faden des Buches im Zusammenhang zu stehen scheinen. Die Stringenz der Geschichte wird auf Kosten ihres enormen Facettenreichtums vernachlässigt. So bleibt das Buch mehr ein biografisches als ein literarisches Dokument. Diese Einschränkung erscheint aber angesichts des Anspruchs des Buches und seiner großen gegenwärtigen Bedeutung zweitrangig. So ist es für alle zu empfehlen, die sich über die zur Verallgemeinerung und zur Vereinseitigung neigenden Darstellungen vieler Geschichtsbücher hinweg ein Bild vom Leben in Deutschland zwischen 1933 und 1945 machen möchten.

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Diese Rezension wurde verfasst von mr.
Veröffentlicht am 01.01.2010

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