A hard day’s night - Weihnachten in den 60er Jahren

Autor*in
Bortlik, Wolfgang
ISBN
978-3-451-29731-1
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
160
Verlag
Herder
Gattung
Ort
Freiburg
Jahr
2007
Lesealter
12-13 Jahre14-15 Jahre16-17 Jahreab 18 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
12,00 €
Bewertung
empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Wolfgang Bortlik spürt dem Lebensgefühl der sechziger Jahre nach

Beurteilungstext

Die folgende Beurteilung erstreckt sich weitgehend auf die fünfbändige Reihe und ist dementsprechend in weiten Teilen identisch mit der der anderen Bände.
Mit diesen Weihnachtsbänden hat der Herder-Verlag eine Reihe auf den Markt gebracht, die 50 Jahre deutscher Geschichte einmal ganz anders angeht, nämlich unter dem Motto "Weihnachten", dem deutschesten aller deutschen Feste. Weihnachten der 40er, 50er, 60er, 70er und 80er Jahre, jeder Band von einem anderen Autor geschrieben, der seine Kindheit in dem betreffenden Jahrzehnt verbrachte. Jeder hat die Möglichkeit, seinen Band ganz eigen zu gestalten, anders genutzt, und doch ist das Grundmuster unschwer erkennbar: Wie ein Moderator führt der Autor durch das Buch, erzählt, erinnert sich, kommentiert, erklärt (umso nötiger, je weiter die Zeit zurückreicht). In die Texte eingeschoben ist eine Art "Chronik" durch die betreffenden zehn Jahre, die jeweils ganz anders aussieht, aber in ihr wird das Geschehen - nicht nur, aber schwerpunktmäßig - in Deutschland festgehalten: politische, gesellschaftliche, kulturelle Ereignisse von Bedeutung und Bestand. Und wiederum dazwischen eingeschoben kleine literarische Kostbarkeiten von mehr oder weniger bekannten Schriftstellern und Schriftstellerinnen, die sich and die Zeit erinnern oder in ihrem Werk verarbeitet haben. Und das alles immer unter dem Thema Weihnachten.
Der Autor war bei seiner Umfrage zum Thema Weihnachten der 60er Jahre bemüht, das Bild so genau wie möglich einzufangen, doch hat er die einzelnen Antworten als solche belassen, satz- oder abschnittweise gesetzt, mit einem trennenden Sternchen dazwischen. In den anderen Büchern haben die Autoren sicherlich auch auf anderes Material zurückgegriffen, aber dieses verarbeitet und zu einem erzählerischen Ganzen gerundet; hier muss man das Bild nun selbst zusammensetzen. Die Erzählungen, die bei den anderen einen größeren Raum einnehmen, sind hier zum großen Teil ersetzt durch Hitlisten zur Musik in Deutschland und den USA.
Es wird nicht immer deutlich, wo der Autor selbst spricht und wo er sich mit dem, an das andere sich erinnern, identifiziert. Insgesamt ist der Ton dieses Bandes blasiert, vielfach mokierend. Er zeigt bereits das neue Anspruchdenken und immer wieder eine Art von Selbstgerechtigkeit und Dünkel. Der Hang zu Fremdwörtern wirkt penetrant und fehl am Platze, etwa wenn Amerika im Weltraum "reüssiert" oder Christbaum im Wald "expropriiert" wird. Und Urteile wie "voll geil" treffen ganz sicher nicht den Stil der 60er Jahre.
Weihnachten - und dieses Gefühl verstärkt sich bei fortschreitender Lektüre - hat sich auf einzige Sache reduziert: auf Wünsche und Geschenke (bekommen!). Und diese Geschenke werden dann vielfach als "falsch" empfunden, sprich: zu billig. Seitenweise werden die Geschenke aufgelistet, die der Autor von 1960-1969 erhalten hat, mit einer gewissen Pedanterie und Einseitigkeit.
Die 60er Jahre erscheinen in diesem Buch als eine desillusionierende Zeit, in der man kritisch war um des Kritisch-Sein-Wollens; eine negative Zeit, gefühlskalt und in etwa sogar menschenverachtend. Waren sie wirklich so, die 60er?

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Diese Rezension wurde verfasst von avn.
Veröffentlicht am 01.01.2010