2 1/2 Gespenster

Autor*in
Dürig, Regina
ISBN
978-3-407-81197-4
Übersetzer*in
Ori. Sprache
Illustrator*in
Seitenanzahl
144
Verlag
Gattung
Ort
Weinheim
Jahr
2015
Lesealter
14-15 Jahre16-17 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
Bücherei
Preis
12,95 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Teaser

Leo, der aus dem Nichts erscheint und scheinbar auch nirgends hingehört, schlägt sich in einem Café den Bauch mit Kuchen voll, obwohl er kein Geld bei sich hat. Er besticht Jonna mit seinem gespenstischen Auftreten und seinem Aussehen. Er schleicht sich in ihre Familie ein, hilft ihrem Vater in der Druckerei und ist so plötzlich verschwunden, wie er auf der Bildfläche erschienen ist. Dabei ist er vertrauensvoll und unnahbar zugleich, Vertrauter und Fremder, Freund und Feind.

Beurteilungstext

Dominik ist es, der den Kuchen – drei Stücke Mohn-Zitronen-Sahnetorte – für Leo im Café bezahlt, denn Leo hat kein Geld. Ines wiederum möchte, dass dieser Typ – ungefähr 19 Jahre alt, halblange, glattgestrichene Haare, rote Cowboystiefel, enge Jeans, schwarzes, enges T-Shirt - am Montag um acht bei Siebdruck Siebzig erscheint, um in der Druckerei von Dominik zu helfen und für seinen Fehler geradezustehen. Und tatsächlich: Er ist da! Jonna freut sich, denn der Kuchentyp hat sie neugierig gemacht.

Der 2015 mit dem Peter-Härtling-Preis ausgezeichnete Jugendroman hat es in sich. Der 16-jährigen Protagonistin Jonna gefällt der junge Mann. Sie vergleicht ihn mit Heath Ledger – "also, als Heath Ledger noch gelebt hat" (S. 10). Später jedoch revidiert sie ihr Urteil: "Der Vergleich mit Heath Ledger stimmt wahrscheinlich überhaupt nicht, der ist ja eher so eichhörnchenmäßig, mit kleinen Augen. Der Ausgehungerte hatte riesige Augen, fast schon zu groß."

Leo hilft also in der Druckerei von Dominik aus und nistet sich bei der Familie ein. Einmal kommt die Sprache auf Reste von Farbe, die sich auf dem Sieb befinden. Jonna führt Leo daraufhin ein in die Geheimnisse des Druckens. Sie bezeichnet die Farbreste auf dem Sieb als "Gespenster", "Reste vom letzten Druck, da hat sich das Gewebe vom Sieb verfärbt. Deswegen kann man das Motiv noch sehen, aber es kann nicht noch mal gedruckt werden,…" (S. 22)

Ein Gespenst ist auch Leo. Er kommt und geht, wann er möchte. Manchmal unterhält er sich mit Jonna, manchmal nicht. Sie flirten, Jonna verliebt sich ein bisschen, Leo lässt sie fallen wie eine heiße Kartoffel und beleidigt sie. Er arbeitet, wie es ihm beliebt. Überhaupt macht er, was er will. "Ich möchte lieber nicht." Das sagt Leo immer häufiger – bis Dominik eine Psychologin vom Jugendamt kommen lässt und Ines die Polizei. Damit aber kommen die Eltern von Jonna, die sich wegen der Kuchensache in die Haare gekriegt haben und mal wieder "Trennung spielen" (S. 11), nicht weit. Leo lässt Jonna und ihre Eltern im Unklaren darüber, wo er lebt und wer seine Eltern sind. Schließlich verschwindet er so schnell, wie er in Erscheinung getreten ist.
Leo möchte sich nicht anpassen. Jonna versucht, etwas hinter dieser Verweigerung zu entdecken und zu erkennen. Vermutlich aber weiß selbst Leo nicht, warum er diese Haltung einnimmt, was er damit bezweckt und wie es mit ihm weitergehen soll.

Die Autorin hat den einzelnen Kapiteln sehr schöne Überschriften gegeben. Kapitel 1 heißt "Ein Reh mit Rollschuhen", Kapitel 6 ¼ "Kopfschnee" und Kapitel 6 ¾ "Stillleben mit Wanduhr und Paragrafen". Es finden sich in dem Roman außerdem zahlreiche Bezüge auf literarische Werke. "Ich möchte lieber nicht", der Satz, den Leo so häufig sagt, bezieht sich auf den Roman "Bartleby der Schreiber" von Herman Melville. Auch Bartleby nistet sich ein, und zwar in seinem Arbeitszimmer. Auch Bartleby weigert sich, mit seinem Chef offen zu sprechen.

Vieles bleibt am Ende des Romans offen: Ines zieht aus, aber kommt sie wieder zurück? Leo verschwindet, aber vielleicht taucht er wieder auf? Trotz der Kürze des Romans, trotz der vielen Gespenster und des offenen Ausgangs ist die Geschichte um Leo alles andere als nichtssagend. Geschrieben in einer sehr poetischen Sprache, führt die Lektüre dieses Romans sicherlich dazu, dass Jugendliche sich Gedanken über Leo und seine absolute Verweigerung machen.

Für namentlich oder mit Namenskürzel gekennzeichnete Beiträge und Beurteilungen liegt die presserechtliche Verantwortung beim jeweiligen Autor bzw. bei der jeweiligen Autorin.

Veröffentlicht am 29.03.2016

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