Der Prinz und die Schneiderin

Autor*in
Wang, Jen
ISBN
978-3-551-02700-9
Übersetzer*in
von der Weppen, Annette
Ori. Sprache
Amerikanisch
Illustrator*in
Wang, Jen
Seitenanzahl
284
Verlag
Carlsen
Gattung
Buch (gebunden)Comic
Ort
Hamburg
Jahr
2023
Lesealter
8-9 Jahre10-11 Jahre12-13 Jahre
Einsatzmöglichkeiten
FreizeitlektüreBücherei
Preis
20,00 €
Bewertung
sehr empfehlenswert

Schlagwörter

Teaser

Der Beginn der Graphic Novel „Der Prinz und die Schneiderin“ erinnert an Elemente des Märchens Aschenputtel: Der König lädt zum Ball anlässlich des 16. Geburtstags des Prinzen, der sich bei der Gelegenheit möglichst eine Braut suchen soll, und alle adeligen jungen Damen des Landes brauchen dringend neue Kleider. Da sind Schneiderinnen gefragt. Die Verwicklungen, die sich dann ergeben, sind allerdings ganz andere als in den bekannten Märchen!

Beurteilungstext

„Der Prinz und die Schneiderin“ – schon der Titel dieser Graphic Novel von Jen Wang klingt märchenhaft. Und in der Geschichte finden sich diverse märchenhafte Elemente. Das beginnt mit den Hauptfiguren: einem Prinzen und einer armen Schneiderin. Der Beginn der Geschichte erinnert an Aschenputtel. Der König lädt zu einem Ball anlässlich des Geburtstages des Prinzen. Der Prinz soll sich auf diesem Ball möglichst eine Braut suchen. Doch Prinz Sebastian kann sich für die jungen Damen, die ihm dort vorgestellt werden, nicht begeistern. Er fühlt sich den Anforderungen, die sein Vater an ihn stellt, nicht gewachsen und schlüpft deshalb gerne gelegentlich in eine andere Rolle – ähnlich dem Prinzen in „Der Prinz und der Bettelknabe“. Und der Prinz verliebt sich nicht standesgemäß in eine Prinzessin, sondern in die arme Schneiderin, die er engagiert hat – auch so etwas kommt in Märchen vor.
Doch diese Märchenelemente sind neu und modern ausgestaltet. Die Rolle, in die der Prinz gerne schlüpft, ist die der „Lady Cristallia“. Er trägt gerne Kleider und dazu eine Perücke mit langen Haaren. In diesem Outfit besucht er gemeinsam mit Frances, der Schneiderin, Veranstaltungen in der Stadt. Lady Cristallia wird zur von vielen jungen Damen bewunderten Modeikone. Von diesem geheimen Leben des Prinzen soll natürlich niemand etwas erfahren. Prinz Sebastian ist der Thronfolger und weiß, was von ihm erwartet wird. Dass er diese Rolle ausfüllen kann, wenn bekannt wird, dass er gerne als Frau unterwegs ist, kann er sich nicht vorstellen.
Die Freundschaft zur Schneiderin Frances ist eine Freundschaft auf Augenhöhe – trotz der Standesunterschiede. Prinz Sebastian erwartet von ihr, dass sie ihm neue, tolle Kleider schneidert und ihn nicht verrät, Frances erwartet vom Prinzen, dass er sie mit Leuten bekannt macht, die ihr helfen können, in der Modewelt aufzusteigen. Sie möchte nicht mehr billige Näherin in einer großen Schneiderei sein, sondern selber Kleider entwerfen. Letzteres gestaltet sich natürlich schwierig, da der Prinz nicht erkannt werden will, wenn er als Cristallia in der Modewelt unterwegs ist und deshalb enttäuscht er Frances.
In der Geschichte vom Prinzen und der Schneiderin gibt es einen wesentlichen Unterschied zu gängigen Märchen: Es gibt zwar Konflikte, aber es gibt keinen Bösewicht, der besiegt werden müsste. So endet sie dann auch auf eine ganz andere Art märchenhaft.
Die Graphic Novel hat 282 Seiten – das sieht nach einer umfangreichen Geschichte aus. Doch die Geschichte wird großenteils durch die Bilder erzählt. Es gibt Doppelseiten ganz ohne Text oder mit nur ein oder zwei kurzen Sprechblasen. Natürlich gibt es auch Seiten, auf denen mehr zu lesen ist. Doch auch für noch wenig geübte Leser*innen ist das gut zu bewältigen. Die ausdrucksstarken Bilder erzählen einen Großteil der Geschichte, und die Farbgebung macht die Gefühlslage der Personen deutlich. Auf den letzten sechs Seiten des Buches beschreibt die Autorin, wie sie an ihren Comics arbeitet. Das ist für junge Zeichner*innen sicher spannend zu sehen.
Jen Wang beschreibt in ihrer Geschichte auf sensible und unbefangene Weise die Probleme des Coming out einer Transgender-Persönlichkeit. Das kann junge Leser*innen für das Thema sensibilisieren und Verständnis wecken. Aber es ist nicht das einzige Thema der Erzählung. Auch die Modebranche und die Schwierigkeiten einer jungen, nicht privilegierten Frau, dort akzeptiert zu werden, spielen eine wichtige Rolle. So kann das Buch auch Leser*innen ansprechen, die sich mit Gender-Themen noch nicht beschäftigt haben und die durch die Lektüre an die Thematik herangeführt werden können.

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Diese Rezension wurde verfasst von HDB; Landesstelle: Sachsen-Anhalt.
Veröffentlicht am 20.03.2024